Selbstgemachte Leiden

von Günther Jakobsen09:05 Uhr | 27.04.2007

Werder verblüffte in Barcelona mit einer ungeheuer losen Mannschaftsmoral. Trotz ordentlichen Starts erlaubten die Bremer Espanyol zwei einfache Eckballtore und fanden selbst nie zum gefürchteten Offensivspiel. Als Tim Wiese nach einer Notbremse vom Platz musste, patzten die Gäste ein drittes Mal. Statt das aufholbare Ergebnis zu akzeptieren, öffneten sie die Abwehr und legten noch eine richtige Bauchlandung hin.

In den ersten Minuten schien es, als wären die Hanseaten auf Tempo und Kraft der Spanier eingestellt. Werder hatte mehr Ballbesitz und deutete auch den Willen zum eigenen Torerfolg an; Kloses verunglückter Schuss weit über das Tor blieb aber der einzige Hinweis darauf (7.). Nach und nach schlichen sich immer mehr Schwächen ins Bremer Spiel ein. Im Mittelfeld gewann Espanyol die Kontrolle und konnte sich mit Leichtigkeit auf den Flügeln freilaufen, weil Werders Deckungsmoral zwischen lässig und fahrlässig schwankte. Nachdem ein erstes Tor der Spanier zu Recht wegen Abseits nicht zählte (19.), schlug es schon eine Minute später im Kasten ein. Nach einer Ecke von rechts wurde Rufete nicht am Flanken gehindert, woraufhin sich Hurtado in der Mitte hochschraubte und ohne Gegenwehr der Augenzeugen Baumann und Klose zum 1:0 einköpfte. Das Bemühen um sofortige Antwort war den Gästen nicht abzuschreiben, Frings prüfte Iraizoz mit einem Gewaltschuss (23.) und setzte sich dann noch einmal am Flügel gut in Szene, als er scharf in die Mitte zu den indes nicht einschussfähigen Diego und Klose legte. Insgesamt aber stand Barcelona hinten sicherer als es die Bremer taten und wirkte insgesamt deutlich giftiger in den Zweikämpfen. Noch vor der Pause hätten Lacruz und gleich nach ihm Riera fast bereits auf 2:0 erhöht (44.).

Dass die Gastgeber dies direkt nach Wiederbeginn nachholen konnten, warf auf die Bremer ein unprofessionelles Licht. Wieder war es ein schnöder Eckball, der die Gäste im Tiefschlaf überraschte; de la Pena flankte auf den kurzen Pfosten, wo fünf Werderaner warteten und den heranstürmenden Pandiani nicht am Kopfball hinderten. Auch Wiese machte keine Anstalten, dem Ball entgegenzugehen (50.). Zehn Minuten später rückte der athletische Torwart noch weiter in den Mittelpunkt. Gerade hatte Werder wieder einen Ballbesitz im Angriff abgeschenkt, als ein Steilpass de la Penas genügte, um Tamudo allein aufs Tor zuzuschicken. Wiese kam aus demselben gesprintet, verschätzte sich aber so sehr, dass er den Spanier rüde von den Beinen holte und den folgerichtigen Platzverweis klaglos zur Kenntnis nahm (60.). Thomas Schaaf opferte Jensen, um den in Spanien wohl bekannten Reinke einzuwechseln, der sofort auch gefordert wurde, als er den noch säumigen Freistoß aus dem Tor boxte. In Anbetracht der Unterzahl hielt sich Werder nun gut über Wasser und bewies sogar den Willen, trotz allem noch ein eigenes Tor zu erzielen. Diego vergab eine gute Chance, als er nach einer Einzelaktion vom linken Strafraumeck abzog, aber knapp daneben zielte (73.). Intelligent spielten die Gäste allerdings nicht. Schon Rufete hätte nach einem Konter aus zwölf Metern fast das 3:0 erzielt (83.), und als die Deutschen dann immer noch blind nach vorn rannten, wurde die Drohung wahr. Vranjes verschenkte im Mittelfeld den Ball, der umgehend bei Riera landete und von Coro frei vor dem Tor nur noch eingeschoben werden musste (88.). Noch ein letztes Zucken durchfuhr die Bremer, was durch Pasanens Gewaltschuss fast noch zum wichtigen Anschlusstor geführt hätte (90.). Insgesamt aber stand der letzte deutsche Europacupstarter nun unheimlich dumm da und war auch in der Höhe gerecht abgestraft. Dass sich Fritz noch Sekunden vor Schluss eine Gelbsperre einhandelte, passte gut ins Bild.

Maik Großmann



Es war wie auf dem Amt, wo man denkt: Ich schlaf gleich ein.

— Hertha-Sportvorstand Fredi Bobic über die ersten Eindrücke zum Spiel von Hertha BSC.