DFB-Team

Spanien: Qualität im Überangebot

von Günther Jakobsen13:14 Uhr | 16.06.2010

Der Geheimfavorit früherer Jahrzehnte avancierte zum gar nicht mehr hinter vorgehaltener Hand gehandelten Topkandidaten für die WM 2010. Eine große Stärke der Iberer liegt auch darin, dass selbst ihr zweiter Anzug perfekt sitzt.

„Wir sind sicherlich nicht die Favoriten, gehören aber zur Gruppe der Titelaspiranten", meint „La Roja“-Coach Vicente Del Bosque. Aufgrund ihres überzeugenden Europameisterschafts-Erfolges 2008 sowie der souveränen WM-Qualifikation stapelt der Nachfolger von Luis Aragones jedoch vergebens tief - die Spanier werden als erster Anwärter auf den Cupgewinn gehandelt. Anders als in früheren Jahrzehnten, als Spanien trotz anerkannt starker Einzelspieler bei den Großturnieren regelmäßig früh scheiterte - Rang 4 (1950) ist die bislang beste WM-Platzierung - haben die Iberer nunmehr nicht nur spielerische Klasse zu bieten. Die Stürmer Fernando Torres (Liverpool) und David Villa (demnächst Barca) stehen in exponierter Stellung für höchste Torgefahr und Effizienz. Die Durchschlagskraft der Mannschaft wird durch das offensivstarke Mittelfeld noch erheblich verstärkt. Eine starke Abwehr und ein exzellenter Schlussmann komplettieren die durchgehend außergewöhnliche Elf.

In England beklagt man - nicht zu Unrecht - zu viele ähnlich gestrickte, hochkarätige Mittelfeldakteure zu haben, die sich gegenseitig der Wirkung berauben. Als Gegenentwurf dazu demonstriert die spanische Nationalelf, mit einem noch größeren Pool an gleichwertigen Ausnahmekickern (Xavi, Fabregas, Xabi Alonso, Silva, Iniesta), dass in der Schaltzentrale sehr wohl ein produktives Miteinander möglich ist. Zugegebenermaßen stehen die Spanier mit ihrem perfekten Mittelfeld-Kurzpassspiel, das dank der technischen Qualitäten aller Akteure ideal mit Abwehr und Angriff ineinander greift, derzeit einzigartig da. „Spanien ist das beste Team mit dem Ball am Fuß“, behauptet Abwehrspieler Raul Albiol (Real Madrid) selbstbewusst - ernsthafte Zweifel daran werden kaum zu hören zu sein.

Nur drei Akteure des 23er-Kaders spielen außerhalb Spaniens: Torres, Reina (beide Liverpool) und Fabregas (Arsenal), der heftig von Barca umworben wird. Das Gros der Spieler wurde von Meister FC Barcelona rekrutiert (sieben Spieler), Real Madrid stellt fünf Akteure. Man kennt sich also sehr gut aus den regelmäßigen Vergleichen in der Primera Division, was dem Spielverständnis sicherlich keinen Abbruch tut. In der ersten Turnierphase lauert kein Gegner, der Spaniens Ambitionen auf den Gruppensieg (H) gefährden sollte. Gleichwohl bleibt abzuwarten, ob „La Roja“ bereits zum Turniereinstieg gegen die Schweiz das volle Leistungspotenzial ausschöpfen kann. Auch der Vergleich mit den südländischen Chilenen dürfte seinen Reiz haben, während Honduras - gemäß Papierform - nur um Schadensbegrenzung bemüht sein dürfte.

Mögliche Aufstellung: Casillas - Puyol, Albiol, Pique, Capdevila - Xabi Alonso, Busquets, Xavi, Silva - Torres, Villa

André Schulin



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