In der letzen Saison - Werder wurde Meister und Hertha bangte um den Klassenerhalt - dominierten die Bremer den Ligakonkurrenten aus Berlin ganz eindeutig: Zwei Siege in der Bundesliga sowie der Pokalerfolg drückten den Leistungsunterschied adäquat aus. Seitdem holten die Berliner jedoch auf und erarbeiteten sich die Chance, sechs Spieltage vor Schluss mit den Bremern gleichziehen zu können.
Abwehr: Vorteil Hertha
Gestärkt durch die Erfolge vom letzten Spieltag trachten Werder Bremen und Hertha BSC danach, auf der Zielgeraden der Saison durchzustarten, um sicher in die Medaillenränge - sprich: das internationale Geschäft - einzuziehen. Als "Letzte Chance, den dritten Platz zu erreichen", wertet Werders Abwehrchef Valérien Ismael die Partie des Deutschen Meisters gegen die Berliner, nachdem bereits die Titelverteidigung sowie ein sicherer Champions-League-Platz außer Reichweite geriet. "Wir wissen, dass wir uns keine Schwäche mehr erlauben dürfen", bestätigt Bremens Coach Thomas Schaaf die Einschätzung des nach seiner Gelb-Sperre wieder einsatzbereiten Ismael. Der Franzose ist gesetzt in der in dieser Saison nicht so souveränen Abwehr der Grün-Weißen. Konträr dazu ist gerade die Defensivabteilung der Herthaner zu einem Fixpunkt des Berliner Aufschwungs geworden, was nach der vorigen Saison, als fast mit dem selben Personal ungleich mehr Bälle im Netz der Berliner zappelten, nicht zu erwarten war. Eine anerkennenswerte Steigerung der um Routinier Simunic und Kapitän Friedrich formierten Youngster. Die Statistik weist Hertha mit nur 27 Gegentreffern als derzeit zweitbeste Bundesliga-Abwehr aus.
Angriff: Vorteil Werder
Dass die über ihrem Saisonsoll liegenden Berliner (Manager Dieter Hoeneß hatte einen einstelligen Tabellenplatz vorgegeben: "Näher an Platz neun als an Platz eins") nicht noch besser platziert sind, ist den Problemen mit der Sturmabteilung geschuldet. Nur neun Treffer der nominellen Angreifer in der Saison bislang - da kann sogar der abgeschlagene Tabellenletzte SC Freiburg mithalten. Auch die Bremer haben Stürmer-Probleme, jedoch gänzlich anderer Art. Dem Wunsch von EM-Held Charisteas, in der Winterpause zu wechseln, konnten die Norddeutschen daher ohne größere Bedenken zustimmen. Thomas Schaaf hat hinter den gesetzten Topleuten Klose (13 Tore) und Klasnic (10) noch den jungen, auf einen Platz in der Startelf brennenden Edeljoker Valdez, sowie die beiden bei ihren Kurzeinsätzen überzeugenden Neulinge Aaron Hunt (eigene Jugend) und den für Charisteas gekommenen Mohammed Zidan. Allerdings könnte Schaafs Auswahl für das Hertha-Spiel begrenzt sein, da der Einsatz von Klose und Zidan einen Tag vor dem Spiel noch fraglich ist. Dennoch gilt die Beurteilung von Hertha-Trainer Falko Götz: "Vorne haben sie sehr gute Fußballer. Da kennt jeder seine Aufgabe - das ist ein gewachsenes System."
Mittelfeld: Ausgleich
Herthas Torgefahr kommt aus dem Mittelfeld und heißt Marcelinho. 14 Saisontreffer und 12 Torvorlagen hat der durch den Neuzugang Bastürk gut unterstützte, spielstarke Paradiesvogel schon vorzuweisen. Ob er nun an einer Discothek beteiligt ist - was als lockerer Lebenswandel ausgelegt wird, im übrigen aber beispielsweise schon die Fußballkünste von Günter Netzer (eröffnete 1971, während seiner Glanzzeit in Mönchengladbach das "Lovers Lane") seinerzeit nicht negativ beeinflusst hat - oder nicht: Die Unberechenbarkeit des Brasilianers auf dem Platz bleibt Herthas größter Trumpf. Das starke Mittelfeld der Bremer ist ebenfalls torgefährlich, allerdings konnte Micoud, in der letzten Serie noch überragend in der zentralen Rolle, längst nicht die Glanzlichter wie in der Meistersaison setzen. Fabian Ernst und auch Tim Borowski übernahmen größere Anteile in der Spielgestaltung.
André Schulin
Mir tut nur unser Briefträger leid. Der Mann muss seit einer Woche richtig ackern.
— Hamburgs Fußball-Idol Uwe Seeler zu seinem 85. Geburtstag.