Tore schießen schwer gemacht

von Günther Jakobsen18:11 Uhr | 15.03.2007

43 Jahre Bundesligafußball - die 44. Saison biegt gerade auf der Zielgeraden ein - haben jede Menge Tore produziert. Genau betrachtet sind es 33.615; inklusive der Treffer aus der laufenden Saison. Seit längerem ist allerdings zu beobachten, dass die Ausbeute der Goalgetter bei weitem nicht mehr die Spitzenwerte früherer Jahre erreicht. Die 30-Treffer-Marke wurde zuletzt in der Saison 1976/77 geknackt, als der Kölner Dieter Müller 34 Torprämien kassierte und damit, statistisch, pro Spiel einmal traf. Von Gerd Müllers Rekordwert (40 Tore in der Saison 1971/72) sind dessen Nachfolger ganz weit entfernt.

Nicht nur von ideellem Wert
Wie schwer sich die Torjäger in den letzten Jahren taten, wird auch durch einen Aspekt der „Ewigen Bestenliste“ verdeutlicht: Von den 40 erfolgreichsten Torjägern der Bundesliga ist nicht mehr ein einziger aktiv. Erst auf Rang 41 taucht mit Ailton (211 BL-Spiele/105 Tore) ein Spieler auf, der seinen Brötchenerwerb derzeit noch durchs Kicken (Grashopper Zürich) finanziert. Ailton war es allerdings, der in der Saison 2003/04 als bester Stürmer mit 28 Buden seit langem nur knapp an der 30er-Marke vorbeischrammte. Seine damals erworbene Torjägerkanone hat offenbar auch einen ganz ansehnlichen materiellen Wert. Ailtons Ex-Berater, der die Trophäe des Brasilianers an sich nahm und bei Ebay zur Versteigerung anbot, um so angebliche Schulden seines ehemaligen Klienten einzutreiben, hätte die Streitsumme locker bekommen: Bei rund 600.000 Euro standen die Gebote, bevor eine von Ailton verfügte, gerichtliche Anordnung die Auktion 80 Minuten vor Ablauf stoppte und für unzulässig erklärte, da die Eigentumsverhältnisse ungeklärt seien.

Bewerber satt
In der vergangenen Saison sicherte sich Miroslav Klose die Torkanone. Seine 25 Treffer bewegen sich im oberen Bereich dessen, was in den letzten drei Jahrzehnten möglich war. Mit der geringsten Zahl Saisontreffer teilten sich Thomas Allofs und Roland Wohlfarth den Titel des besten BL-Torschützen in der Spielzeit 1988/89: Jeweils 17 Treffer genügten dafür. Fredi Bobic reichte 1995/96 die gleiche Ausbeute dazu, sich die Krone aufzusetzen. Tendenziell sieht es verdächtig danach aus, als sollte auch der kommende Torschützenkönig mit einer ähnlich bescheidenen Quote gekürt werden. Titelverteidiger Miroslav Klose (11) ist angeschlagen, der aktuell mit 13 Treffern führende Mario Gomez wegen einer Verletzung noch etliche Wochen kaltgestellt und Roy Makaay (12) muss sich auf eine rotationsbedingte Chancenverknappung einstellen. Analog zum engen Wetteifern in allen Tabellenregionen der Liga steht allerdings noch ein knappes Dutzend Aktiver hinter den Führenden bereit, die sich auf den letzten Metern noch ganz nach vorne schießen bzw. köpfen könnten. Vielleicht wird das in der Saison schon häufiger beobachtete Gezerre um das Elfmeterschießvorrecht nochmals verschärft. Jeder Treffer zählt; erst recht, wenn die Torjägerkrone winkt, für die man - Beispiel Ailton - durchaus mehr als ein anerkennendes Schulterklopfen plus Blumenstrauß bekommt.

André Schulin

Die Top Five der Bundesliga-Torjäger:
1. Gerd Müller (FC Bayern) 427 Sp./365 Tore
2. Klaus Fischer (Schalke, 1. FC Köln, TSV 1860, VfL Bochum) 523 Sp./268 Tore
3. Jupp Heynckes (M´gladbach, Hannover 96) 369 Sp./219 Tore
4. Manfred Burgsmüller (BVB, Werder, RW Essen, 1. FCN) 437 Sp./213 Tore
5. Ulf Kirsten (Bayer Leverkusen) 347 Sp./182 Tore

Zu allen Bundesligatorjägern



Als ich von Frankfurt nach Berlin gewechselt bin, habe ich Sergej Kirjakow kennengelernt. Das war ein Erlebnis. Sergej Kirjakow hat dem Zeugwart mal vor einem Spiel 250.000 Mark in die Hand gedrückt und gesagt: Pass mal kurz drauf auf.

— Ansgar Brinkmann über seinen Ex-Mitspieler Sergej Kirjakow.