Torhüter-Rotation freigegeben

Heftige Rangeleien um den Platz zwischen den Pfosten gehörten seit jeher zur Bundesliga. Aber das Prinzip, dass derjenige, der sich zu Saisonbeginn durchsetzte, sein Revier auf Dauer abgesteckt hatte, ist längst aufgeweicht. Verstärkt setzen die Klubs darauf, dass vom Wechsel im Tor eine positive Wende ausgehen könnte.
Bröckelnde Position
Eine Bundesliga-Bastion wackelt: Die des unangefochtenen Stammkeepers. Nachdem in den letzten Jahren vornehmlich die Torwart-Position in der deutschen Nationalelf zum Gegenstand heftiger Diskussionen wurde, entdeckten neuerdings die Bundesligaklubs in verstärktem Maße, dass die Position zwischen den Pfosten nicht zwangsläufig eine komplette Saison zementiert sein muss. Ohne Not würde diesem Trend vermutlich keine lange Lebensdauer beschieden sein. Aber da der Begriff „Not“ unterschiedlich interpretiert wird, vollzog sich der Torwartwechsel nicht nur bei abstiegsgefährdeten Vereinen, sondern auch bei einem in der Tabelle so komfortabel dastehendem Verein wie Schalke 04.
Neuer profitiert vom neuen Trend
Manuel Neuer, der bereits zu Saisonbeginn Stammkeeper Frank Rost zweimal ersetzte, wurde von Mirko Slomka ab dem zehnten Spieltag quasi zur neuen Nummer eins im Schalker Tor befördert. Die Maßnahme verwunderte. Slomka erklärte seinerzeit, dass Rost zuletzt ein „Quäntchen Glück“ gefehlt hätte. „Mit Manuel Neuer erhoffen wir uns da einen kleinen Umschwung.“ Abgesehen von einem schwächeren Auftritt gegen den FC Bayern machte Neuer keine schlechte Figur und bestätigte seine Berufung. An den Qualitäten Rosts kann indes kaum jemand zweifeln, und so meldete sich schnell ein Interessent für den zum Zuschauen Verurteilten.
Glücksfall für den HSV?
Beim Hamburger SV ist man der Ansicht, dass ihren beiden bislang eingesetzten Keepern (Kirschstein 9 Einsätze, Wächter 7) das „Quäntchen Glück“ ebenfalls nicht zur Seite stand. Vereinsboss Hoffmann bestätigte das Interesse an Rost und hofft, den 33-jährigen in der Winterpause zu einem Wechsel bewegen zu können: „Ihm werden Eigenschaften nachgesagt, die notwendig sind im Abstiegskampf. Wir werden uns nächste Woche austauschen und tätig werden.“ S04-Manager Andreas Müller würde die langjährige Stütze im Schalker Tor (seit 2002) jedoch nur abgeben, „Wenn mir Frank ins Gesicht sagen würde, dass er Schalke verlassen wolle.“ Rost erklärte, er würde am Sonnabend nach dem letzten Hinrundenspiel den Medienboykott der Schalker Aktiven beenden und wieder öffentliche Auskünfte geben - möglicherweise über seine Zukunftspläne.
Drei traditionelle Umstellungen
Einen unzweideutig als Umbruchssignal instrumentalisierten Wechsel stellte der Tausch von Aachens Stephan Straub zu Kristian Nicht dar: „Ich erhoffe mir davon ein paar Prozent mehr Sicherheit und ein paar Prozent mehr Glück“, sagte Alemannia-Coach Michael Frontzeck frei heraus. Der Wechsel von Dimo Wache zu Christian Wetklo (Mainz 05-Manager Heidel: „Wir haben mit dem Weti einen sehr guten zweiten Torwart und dann haben alle gemeinsam entschieden, mal zu wechseln“) fällt in die gleiche Kategorie. In Bochum versprach man sich ebenfalls eine Trendwende durch einen Wechsel im Tor, setzte zunächst auf Peter Skov-Jensen, dann auf Alexander Bade (für fünf Spiele) um dann wieder auf Skov-Jensen zurückzugreifen. Nach traditionellem Muster - Umstellung nach Verletzung, bzw. Sperre des gesetzen Schlussmannes - sind die Wechsel bei Eintracht Frankfurt (Pröll/Nikolov/Pröll), Arminia Bielefeld (Hain/Ziegler/Hain) und Borussia Mönchengladbach (Keller/Heimeroth/Keller) verlaufen.
André Schulin