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Türken mit Leidenschaft und späten Toren

von Günther Jakobsen23:48 Uhr | 15.06.2008

Dieses Gruppenspiel brauchte in seiner Dramatik keinen Vergleich mit einem Halbfinale scheuen. Nach 0:2-Rückstand und eher verhaltenem Spielauftakt steigerte sich die Türkei in einen furiosen Angriffswirbel hinein und schleuderte die Tschechen mit späten Treffern aus der greifbar nahen Runde der letzten Acht. Ein wenig Glück war allerdings auch im Spiel, da den Tschechen ein Strafstoß versagt blieb.

Als etwas überraschend war festzuhalten, dass in Tschechiens Auswahl Jan Koller den Vorzug vor Milan Baros erhielt. Auf türkischer Seite war eine Umstellung in der Abwehr zu verzeichnen - Güngör spielte anstelle von Asik. Das direkte Duell um den zweiten Platz der Gruppe A brauchte elf Minuten, bevor eine Halbchance der Tschechen (Kollers Kopfballverlängerung nach Freistoß, über den Kasten) als torgefährliche Szene identifiziert werden konnte. Keiner Elf gelang es, per Kombinationsspiel in aussichtsreiche Position zu kommen. Zu engmaschig wurde bereits im Mittelfeld attackiert. Tuncay versuchte somit sein Glück mit einem Distanzschuss (17.), der den rechten Pfosten nur um einen halben Meter verfehlte. Im Gegenzug probierte es Matejovsky aus ähnlicher Distanz. Sein Schuss wurde allerdings zur sicheren Beute für Volkan. Die Tschechen erarbeiteten sich leichte Vorteile, ein Diagonalschuss durch Sionko zischte recht knapp über den Querbalken des türkischen Tores (27.). In der 34. Minute zahlte sich der energischere Vorwärtsgang der Tschechen aus: Grygera brach auf dem rechten Flügel durch, flankte nach innen, wo Koller mit dem Kopf das 1:0 markierte. Volkan hatte die Fingerspitzen noch dran, konnte aber keine entscheidende Richtungsänderung bewirken. Erst nach dem Rückstand wurde Fatih Terims Mannschaft kurzzeitig zielstrebiger, ohne jedoch eine zwingende Tormöglichkeit zu erspielen. Im Ausklang des ersten Abschnitts brachten die Tschechen ihre knappe Führung kontrolliert über die Bühne.

Mit Beginn der zweiten Hälfte entfachte die Türkei zunehmend mehr Druck. Fast hätte Nihat frühzeitig einen Abwehrfehler zum Ausgleich nutzen können, sein Heber flog jedoch über die Latte (47.). Zwei Kopfballabschlüsse Tuncays (53. und 68.) verschafften Cech erstmals Arbeit und waren Indiz dafür, dass Tschechiens Abwehr mit dem Wirbel der Türken nicht klar kam und ein ums andere Mal ausgehebelt wurde. Nur kurzzeitig wurde das Halbmondteam ausgebremst: Der agile Sionko bediente über rechts den zentral durchgelaufenen Plasil, gegen dessen Linksschuss Volkan machtlos war (62.). Angetrieben vom mittlerweile ins Mittelfeld vorgerückten Altintop rannten die Türken nun einem 0:2-Rückstand nach und hatten in der 71. Minute doppelt Glück, dass Polaks Schuss nach einem tschechischen Gegenzug nur gegen den Pfosten knallte und Schiri Fröjdfeldt unmittelbar darauf ein klares Foulspiel Asiks gegen Polak nicht mit einem Strafstoß ahndete. Die Osteuropäer schienen mit ihrer Führung zufrieden, doch in der 75. Minute schmolz der Vorsprung zusammen. Nach Vorlage Altintops verkürzte Arda auf 1:2. Der Treffer setzte zusätzliche Kräfte im türkischen Team frei und die Tschechen wurden phasenweise im eigenen Sechzehner eingeschnürt. Servets Kopfball strich knapp neben dem Pfosten vorbei (82.) und die Zeit verrann. Dann schlug Altintop eine Flanke von der rechten Außenlinie in den Strafraum, die den Tschechen sehr wehtat, speziell Keeper Cech. Er ließ den regennassen Ball durch die Hände gleiten und Nihat bestrafte den Fehler mit dem Treffer zum 2:2 (87.). Doch damit nicht genug. Während sich viele Zuschauer bereits auf ein Elfmeterschießen freuten und die Tschechen ihrem verspielten Zweitore-Vorsprung nachtrauerten, setzten die Türken ihr Powerplay fort. Erneut ging die Initialzündung von Altintop aus, nach dessen Pass Nihat freie Bahn hatte und den türkischen 3:2-Sieg mit einem fein platzierten Schuss perfekt machte. In der vierminütigen Nachspielzeit hätten die Tschechen um ein Haar durch Koller noch den Ausgleich geschafft, doch das 3:3 fiel nicht mehr. Jan Koller allerdings fiel noch, nachdem Volkan ihn umgestoßen hatte und dafür den Roten Karton erblickte. Dann wurde das packende Spiel abgepfiffen, mit dem sich die Türkei den Einzug in das Viertelfinale (gegen Kroatien) gesichert hatte.

André Schulin



Diesen One-Night-Stand könnt ihr gerne mitnehmen.

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