Reichlich Ballbesitz, Chancen en masse - und doch nur ein knapper Sieg mit einem Moment des Erschreckens in letzter Sekunde: Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen musste wieder einmal aufgrund ihrer Abschlussschwächen den Abpfiff zur Bestätigung ihres Erfolges abwarten. Das Halbfinale war erreicht.
Mit einem „Geduldsspiel“ war gerechnet worden, um gegen die abwehrstarken Italienerinnen zu treffen. Nur vier Minuten nach Spielbeginn war diese Einschätzung hinfällig. Zwei schöne Einzelaktionen - zunächst Behringer mit dem Pass in die Spitze, dann Grings mit schneller Drehung und sicherem Abschluss - verschafften den DFB-Frauen einen perfekten Viertelfinal-Einstand. Dank ihres druckvollen, frühen Störens, guter Raumaufteilung und sicheren Kombinationsflusses bekamen die Deutschen das Spiel sicher in den Griff. Auch der stärker werdende Regen schwemmte den Eindruck eines Klassenunterschiedes zwischen den Teams nicht hinweg. Das einzige Manko: Es wollte trotz zeitweiliger Belagerung kein weiterer Treffer gelingen. Nicht viel fehlte Prinz in der 37. Minute, als sie nach Zuspiel von Bresonik knapp am linken Pfosten vorbei schoss. Zwei Minuten später wurde ein Seitfallzieher von Grings von einer Italienerin auf der Linie gestoppt. Der Schlüssel der deutschen Überlegenheit lag im hervorragend disponierten Mittelfeld, das für die ohnehin defensiv aufgestellten Südeuropäerinnen nahezu undurchdringbar war.
Für Schmidt und die angeschlagene Hingst kamen nach der Pause Fuss und Laudehr ins Spiel. Letztere setzte sich umgehend auf dem linken Flügel durch und flankte in die Mitte. Eine Italienerin fälschte das Leder noch ab, aber Grings schaltete schnell und drückte den Ball zum 2:0 in die Maschen (47.). Im bisherigen Turnierverlauf hatte Italien damit geglänzt, aus wenigen Chancen sehr viel herauszuholen. Panico stellte diese Qualität auch gegen die DFB-Elf unter Beweis: Mit der ersten echten Möglichkeit, bei einem Konter, markierte die italienische Nr. 9 den 1:2-Anschluss (63.). Ein kleiner Schock, aber der Einbahnstraßenfußball setzte sich fort. Die Chancen von Prinz und Grings (69. und 79., jeweils durch Picarelli gut pariert) waren nur ein Auszug der Gelegenheiten, auch Laudehrs Direktabnahme (80., rechts vorbei) hätte eine frühe Beruhigung bewirken können. Wie nötig dies gewesen wäre, wurde in der Nachspielzeit deutlich: Nach einer Ecke Italiens köpfte Panico aus kurzer Distanz aufs deutsche Tor und nur Angerers Blitzreflex verhinderte den Ausgleich.
André Schulin
Ein 0:0 ist wie ein Sonntag ohne Sonne.
— Alfredo di Stéfano