Beim VfL Wolfsburg scheute man vor der Saison keine Kosten und Mühen, um endlich den seit langem geplanten Angriff auf die vorderen Tabellenplätze zu starten. Die mit Abstand spektakulärste Neuverpflichtung hieß Felix Magath, dem die Vereins- bzw. Konzernbosse großmütig die alleinige sportliche Verantwortung übertrugen.
Als Cheftrainer, Sportdirektor und Geschäftsführer in Personalunion durfte sich Magath, vom VW-Konzern mit einer dicken Geldbörse ausgestattet, frei auf dem Transfermarkt austoben. So tummelten sich in der Vorbereitung nicht weniger als 14 Neuzugänge auf dem Trainingsgelände des VfL. Dem gegenüber standen elf Abgänge, so dass Magath zeitweise mehr als 30 Spieler zur Verfügung hatte. In Anbetracht des stark aufgeblähten Kaders und der hohen Fluktuation war es wenig verwunderlich, dass die Wolfsburger in der Hinrunde keine Konstanz an den Tag legten. Dies zeichnete sich schon in den ersten Saisonspielen ab: Einer 1:3-Niederlage zum Auftakt gegen Bielefeld folgten ein Sieg in Duisburg, ein Unentschieden gegen Schalke und schließlich 1:2-Pleiten gegen Berlin und Karlsruhe. In den nächsten sechs Begegnungen blieben die Werkskicker allerdings ungeschlagen. Bemerkenswerter als die Dreier gegen die abstiegsbedrohten Teams aus Cottbus (2:1), Rostock (1:0) und Nürnberg (3:1) waren dabei die Punkteteilungen in den Nordderbys gegen Bremen, Hamburg und Hannover. Am zwölften Spieltag, als man sich dem VfL Bochum mit 3:5 geschlagen geben musste, wurde dann mit einem Schlag deutlich, wo die Hauptproblemzone der Wölfe lag. Insgesamt ließ die Hintermannschaft 30 Gegentore zu und ist damit neben der Dortmunder Abwehr die zweitschlechteste der Liga. In zehn der 17 bisher absolvierten Partien kassierte der VfL zwei oder mehr Treffer. Ein Dorn im Auge war Felix Magath aber nicht nur die Leistung der Verteidiger, sondern auch die seines Torhüters Simon Jentzsch. Als sich der langjährige Stammkeeper im Heimspiel der 15. Runde gegen die Frankfurter Eintracht (2:2) einen Fehler leistete, tauschte ihn der Coach in der Halbzeitpause kurzerhand gegen Ersatzmann André Lenz aus und suspendierte ihn für die beiden letzten Duelle gegen Stuttgart und Dortmund.
Der abschließende 4:0-Triumph über die Borussia war der fünfte Sieg des Tabellenelften in der ersten Halbserie und zeigte zugleich seine große Stärke – den Angriff. Die Stürmer trafen 30-mal ins Schwarze und sind damit hinter denen der Bayern, der Bremer und der Leverkusener die vierttreffsichersten. Am effektivsten war Neuzugang Edin Dzeko, der von FK Teplice nach Wolfsburg kam und für die Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowinas spielt. Dzeko überwand die gegnerischen Schlussmänner fünfmal und leitete drei weitere Treffer in die Wege. Eine gute Quote weisen mit Ashkan Dejagah und Grafite auch zwei weitere offensive Neuverpflichtungen auf. Während der ehemalige Herthaner fünf Tore und eine Vorlage auf dem Konto hat, kann der Brasilianer auf vier Erfolgserlebnisse und zwei Assists zurückblicken. Anders als diese Drei spielen zwei andere Angreifer in Magaths Planungen vorerst keine Rolle mehr: Der erst vor der Saison aus Cottbus geholte Sergiu Radu wurde für die restliche Spielzeit nach Stuttgart ausgeliehen, Isaac Boakye zum Zweit-ligisten Mainz; zudem besitzen die neuen Arbeitgeber eine Kaufoption. Um den Kader noch übersichtlicher zu gestalten und effizienter arbeiten zu können, dürfen auch Simon Jentzsch, Alex, Peter van der Heyden und Jacek Krzynowek sowie Christopher Lamprecht, Cedric Makiadi und Kamani Hill den Verein verlassen. Der Stuttgarter Danijel Ljuboja, der zurzeit die Vorbereitung testweise mitabsolviert, könnte dagegen in der Rückrunde für den mit 20 Zählern ausgestatteten VfL auf Torejagd gehen. Vor dem ersten Punktspiel gegen Arminia Bielefeld steht allerdings noch das Achtelfinale im DFB-Pokal gegen Schalke auf dem Programm, in das die Wölfe durch Siege über den FV Würzburg (4:0) und den Karlsruher SC (1:0) gelangten.
Christian Brackhagen
Wir danken der Mannschaft, dass sie uns auch in dieser Saison so zahlreich hinterhergereist ist.
— Transparent der Schalker Fans beim Saisonabschluss im Auswärtsspiel beim FC Ingolstadt 04.