An guten Torhütern, die problemlos den Platz im Kasten der Nationalelf einnehmen könnten, bestand in Deutschland noch nie ein Mangel. Auch aktuell ist die Leistungsdichte in der Bundesliga so groß, dass sogar der Kampf um Platz drei zum Wettkampf zwischen einer Handvoll Topleuten auswächst.
Chancenlose Nummer 1c?
„Die Wette werden Sie verlieren“, sagte Nationaltrainer Jürgen Klinsmann zu ARD-Reporter Waldemar Hartmann, der darauf gesetzt hatte, ein anderer als die an erster Stelle rangierenden Oliver Kahn und Jens Lehmann würde bei der WM 2006 das Tor der Deutschen Elf hüten. Das bedeutet, dass selbst der derzeit als Keeper 1c angesehene Timo Hildebrand sich nur geringe Chancen auf die begehrte Position ausrechnen kann. Weitere Irritationen in der Torhüterfrage löste Jürgen Klinsmanns Entscheidung aus, bei der Asienreise der DFB-Mannschaft (13.-22. Dezember) den Münchner Reservekeeper Michael Rensing mitzunehmen.
Wiese muss weiterhin warten
Für Schalke-Manager Rudi Assauer ist Frank Rost „einer der drei besten deutschen Torhüter“. Dass für die bevorstehenden Asien-Tournee der Nationalelf anstelle von Rost jedoch Bayern Münchens Ersatztorhüter berufen wurde, bedeutet für Assauer: „Dass hier keine sportliche Bewertung stattfindet“. In der laufenden Bundesligasaison ließ Rost Formschwankungen erkennen, fand aber in den letzten Spielen zu konstant guten Leistungen zurück. Vier Mal hatte der gebürtige Leipziger bisher die Gelegenheit, sich im Nationaltrikot zu präsentieren; dies jedoch nur bei Freundschaftsspielen. Ausnahme: Die Begegnung gegen die Färöer in der Qualifikation zur EM 2004 (2:0), als Rost in der zweiten Halbzeit für den wegen Augenproblemen ausgewechselten Oliver Kahn einsprang. In Kaiserslautern ist man von Klinsmanns Entscheidung ebenfalls wenig begeistert. Die Pfälzer hegten die Hoffnung, dass ihr Stammkeeper Tim Wiese zum Sprung in den erweiterten National-Kader ansetzen könnte. „Damit stößt Klinsi alle deutschen Bundesliga-Torhüter vor den Kopf“, äußerte sich Lauterns Torwart-Trainer Gerry Ehrmann enttäuscht.
Verständnis für Verständnislose
„Ich verstehe einige Torhüter, die die Welt nicht mehr verstehen“, rutschte Hannovers Manager Ilja Kaenzig zum gleichen Thema eine nette Formulierung heraus. Spanien-Rückkehrer Robert Enke, seit Saisonbeginn im Tor der 96er, wäre aufgrund seiner Leistungen ebenfalls ein Kandidat für die DFB-Auswahl. Beim Konföderationen-Cup 1999 in Mexiko zählte er bereits zum Kader. In den Chor der Verständnislosen dürften auch Simon Jentzsch (VfL Wolfsburg) und Jörg Butt (Leverkusen) einstimmen. VfL-Schlussmann Jentzsch konnte nach einem unglücklichen ersten Jahr bei den Wölfen wieder an die Leistungen anknüpfen, mit denen er im Trikot der Münchner Löwen (2000-2003) für Furore gesorgt hatte. Gleichwohl, ganz ohne Fehl’ und Tadel blieb er nicht. Ähnliches gilt für Jörg Butt, der bereits drei Länderspiele auf dem Konto hat. Auch der Strafstoß-Spezialist unter den Keepern kann sich bei dem ein- oder anderen Gegentor der aktuellen Saison nicht von Fehlern freisprechen. Betrachtet man den Notenschnitt der Bundesliga-Torwarte müsste jedoch noch ein weiterer Akteur Ansprüche anmelden, den bislang keiner auf dem Zettel hatte: Dimo Wache von Aufsteiger Mainz 05. Für den für Neues aufgeschlossenen Jürgen Klinsmann vielleicht auch eine Option. Was allerdings 2006 betrifft, sollte man die Worte des Bundestrainers nicht überbewerten. Dazu ist der Fußball zu schnelllebig.
André Schulin
Sein Geständnis war richtig, jetzt stehen ihm in der Bundesliga wieder alle Türen offen.
— Karl-Heinz Wildmoser, Präsident von 1860 München, über Christoph Daum nach dessen Kokain-Affäre.