Die Bochumer Fußballfans haben statt Flugzeugen wieder Schmetterlinge im Bauch. Erneut hat sich der VfL, wenn auch erst in letzter Minute, als zu stark für die zweite Liga erwiesen. Der „unzähmbare Löwe“ Raymond Kalla soll mithelfen, dass Bochums Platz in der Bundesliga dauerhaft gesichert wird. Für Trainer Peter Neururer ist das gar keine Frage…
Die letzte Saison…
…endete für den Ruhrpottverein mit einem kaum noch für möglich gehaltenen Happy-End. Lediglich an zwei Spieltagen, über die gesamte Saison betrachtet, belegten die Bochumer mit Rang drei einen Aufstiegsplatz: Nach der dritten Runde, als hinter dieser Platzierung noch wenig Aussagekraft steckte, und - entschieden wichtiger - am 34. Spieltag. Da kickte die Neururer-Truppe mit ihrem 3:1-Auswärtserfolg bei Alemannia Aachen den an nur vier Spieltagen nicht auf einem Aufstiegsplatz befindlichen FSV Mainz 05 (3:1-Niederlage bei Union Berlin) noch vom Erstliga-Sockel und sicherte sich mit einem Punkt Vorsprung vor den Rheinland-Pfälzern die Rückkehr ins Bundesliga-Oberhaus.
Im Dezember hatte der Spontan-Rücktritt von Trainer Bernhard Dietz für Schlagzeilen gesorgt. Der VfL belegte seinerzeit den fünften Tabellenplatz (15. Spieltag) mit Kontakt zu Aufstiegsplatz drei. Also nicht unbedingt eine klassische Notsituation, die den Reflex „Trainerwechsel“ herausfordert. Aber Dietz bemängelte die Arbeitsauffassung seiner Schützlinge und sah keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit. Da traf es sich gut für den Verein, dass Peter Neururer, von Ligakonkurrent LR Ahlen, gerade einmal eine Woche zuvor freigestellt, zur Verfügung stand. „Ich tendiere grundsätzlich zu Traditionsvereinen aus dem Ruhrgebiet. Daran hängt mein Herz (…)“, tat der Diplom-Sportlehrer kund und übernahm in Bochum die elfte Station seiner Profi-Trainerlaufbahn.
Die Neuen und der Kader
49 Gegentreffer kassierte der VfL in der abgelaufenen Saison. Klar, dass das Team angesichts dieser Bilanz in der Abwehr verstärkt werden musste. Mit Filip Tapalovic (von 1860 München), Raymond Kalla (von C.F. Extremadura) und Anton Vriesde (vom KFC Uerdingen) hofft man in Bochum, mehr Stabilität in die Defensivabteilung zu bringen. Der Personalwechsel im Kader beschränkt sich beinahe ausschließlich auf die Verteidigung, die durch die drei Neuverpflichtungen und die Abgänge von Thomas Stickroth (Karriereende), Samir Toplak, Axel Sundermann, Hilko Ristau und Rouven Schröder ein stark verändertes Gesicht bekommt. Im Sturm setzt Neururer auf die bewährten Kräfte mit den Leistungsträgern Thomas Christiansen, Delron Buckley und Vahid Hashemian. Der vierte Neuzugang soll das ohnehin schon gut besetzte offensive Mittelfeld (Wosz, Freier) verstärken. Thordur Gudjonsson (von Preston North End) lief 42 Mal für Islands Nationalelf auf. Darüber hinaus ist der Wikinger in Bochum bestens bekannt, spielte er doch bereits zwischen 1993 und 1997 für den Ruhrpott-Klub.
Neururers Vision
Peter Neururer ist nicht unbedingt als Leisetreter bekannt. Und um einen guten Spruch ist er auch selten verlegen. „Ich werde dazwischen hauen, wenn einer meint, er müsse morgens um fünf in betrunkenem Zustand den Verkehr regeln“, untersagte er seinen Kickern diese unerlaubte Nebentätigkeit. Richtig aufgeschreckt hat jedoch sein in einer großen Sonntagsgazette geäußertes Bekenntnis: „Mein Ziel bleibt die Meisterschaft“. Hoppla! Bochum deutscher Meister und dann vielleicht unabsteigbar in der Champions League? - Das wär’s doch. Die Metamorphose der grauen zur Hochglanz-Multicolormaus! Man freundete sich gerade mit diesem Gedanken an, da folgten die Rückzieher, verpackt als kurzfristige Ziele: „Erstmal zumindest für einen Spieltag Tabellenführer werden“. Dann gar die Reduktion auf regionale Stammtischparolen: „Gegen Schalke und Dortmund in der kommenden Saison sechs Punkte holen“. Ooch, Mensch. Das ist ja nun wieder ein Grund, morgens um fünf den Verkehr zu regeln… - nüchtern würde natürlich kein Mensch auf diese hirnverbrannte Idee kommen.
André Schulin
Die VfL Bochum-Daten
In München beginnt der Vordere Orient. Da herrschen andere Gesetze.
— Peter Weiand