Der Hamburger SV zählt zu den wenigen Großklubs, die den Frauenfußball früh (1970) in den eigenen Reihen zugelassen haben. Lange spielte man in unteren Ligen, seit 2003 sind die Hamburgerinnen ohne Pause in der 1. Liga. Titel sind bislang Fehlanzeige: der HSV ist in der unteren Tabellenhälfte zuhause. Aber das soll sich ändern.
Saisonziel Platz 5: Das ist durchaus ambitioniert - nicht nur angesichts der eigenen, bisweilen sehr schwankenden Leistungen, sondern auch angesichts der Kräfteverhältnisse in der Liga. Dort herrscht insgesamt Konsens, dass an die „Top Vier“ - also Duisburg, München, Frankfurt und Potsdam - so schnell kein Herankommen ist. Folgerichtig buhlt Hamburg mit dem Nordkonkurrenten VfL Wolfsburg, mit der SG Essen-Schönebeck und dem SC Freiburg um Platz 5 – hat aber die schlechteste Ausgangslage. Am 15. Spieltag stehen die Hanseatinnen mit 16 Punkten auf Platz 8, vier Punkte hinter Wolfsburg (20), sechs Punkte hinter Freiburg und Essen-Schönebeck (je 22). „Das Spiel gegen Essen-Schönebeck am Sonntag ist für uns ein Entscheidungsspiel“, sagt Trainer Achim Feifel. Der Schwabe ist seit 2005 beim HSV und gehört seit dieser Spielzeit zu den wenigen Vollzeittrainern der Frauenfußball-Bundesliga. An seinen Kader sind durchaus höhere Ansprüche zu stellen als der aktuelle Tabellenplatz. Mit Patrizia Hanebeck (FCR Duisburg) und Rückkehrerin Aferdita Kameraj (Turbine Potsdam) wurden erfahrene Bundesligaspielerinnen verpflichtet, dazu Kim Kulig vom Zweitligisten VfL Sindelfingen, die derzeit als Shootingstar der Nationalmannschaft von sich reden macht. Neben Hamburgs „Etat-Stürmerin“, der 32-jährigen Tanja Vreden, die ihre 14. Spielzeit für den Verein (!) bestreitet, sorgt insbesondere die 18-jährige Kulig für Torgefahr. Erfahrung und Durchschlagskraft der Neuzugänge haben das Offensivspiel der Hanseatinnen zweifelsohne bereichert. Aber eines haben sie noch nicht abgeschüttelt: die unberechenbaren Leistungsschwankungen. Bad Neuenahr besiegten sie etwa mit einem sensationellen 9:2 im heimischen Wolfgang-Meyer-Stadion, gegen Duisburg erkämpften sie sich nach einem 0:3-Rückstand noch ein 3:4. Aber durch Unkonzentriertheiten haben sie auch wertvolle Punkte gelassen, zuletzt beim Unentschieden (1:1) gegen Schlusslicht Crailsheim.
Das Auf und Ab ist HSV-Fans vertraut. Ein Abrutschen auf die Abstiegsränge wie in der vergangenen Saison fürchtet man jedoch nicht. Damals gelang der Klassenerhalt erst am letzten Spieltag im nervenaufreibenden Abstiegsduell gegen den 1. FC Saarbrücken. Der größte Vereinserfolg ist bislang das DFB-Pokalfinale 2002 – auch wenn man sich in Berlin gegen den FFC Frankfurt 5:0 geschlagen geben musste. Aber der HSV rüstet inzwischen auf – man hat erkannt, dass im Frauenfußball das Niveau stark gestiegen ist und Strukturen angepasst werden müssen um mitzuhalten. Dem Vollzeittrainer folgte mit Jahresbeginn ein hauptamtlicher Geschäftsstellenleiter. Das ist im Frauenfußball keine Selbstverständlichkeit. Eine Initiative des DFB beispielsweise will die Stellen ab der kommenden Saison verpflichtend in der 1. Liga machen. Was diese Strukturen anbelangt, ist der Hamburger SV also manchem Ligakonkurrenten voraus. Mittelfristig sollen dann sportliche Erfolge folgen – so die Hoffnung beim HSV.
Astrid Labbert
Nein, ich denke vor dem Tor nicht. Das mache ich nie.
— Lukas Podolski