Voll im Soll

von Günther Jakobsen10:03 Uhr | 30.01.2009

Den richtig aufregenden Fußball spielte der HSV eher nicht. Wann immer es eng wurde, bewahrte die Jol-Elf aber Nerven, holte regelmäßig Rückstände auf und konnte sich speziell auf ihre Heimstärke immer verlassen. Wie im Vorjahr überwinterten die Hanseaten nun im kompletten Programm - nicht verkehrt für eine Saison, die eigentlich völlig ungewiss startete.

Ob der HSV noch ein Spitzenteam wäre, schien vor dem Startschuss nicht so ganz sicher. Schließlich war nicht nur Trainer Huub Stevens, sondern mit Raphael van der Vaart auch das Symbol des sportlichen Aufschwungs verschwunden. Ihn zu ersetzen versuchte der Klub gar nicht erst, zumindest nicht auf Anhieb. Viel dringlicher war die Suche nach einem Übungsleiter, bei der man sich wenig geschickt verhielt und kaum verheimlichen konnte, dass Martin Jol nicht die allererste Wahl gewesen war. Wie aus Versehen aber erwies sich der Niederländer dann als ein Glücksgriff. Jol modellierte nicht nur geschickt an der Mannschaft, er überzeugte auch als Typ, mit einer sowohl autoritären als auch herrlich gelassenen Art, mit der er alle Rückschläge wie ein Fels an sich abprallen ließ. Denn optimal verlief Hamburgs Hinrunde nicht: Gleich drei Mal – in Wolfsburg, Mannheim und Hannover – bekamen die Hanseaten jeweils mit 0:3 auf die Nuss, verloren außerdem völlig unnötig bei Hertha BSC. Hinzu kamen Aktivitäten auf dem Transfermarkt, die zwar einiges her machten, letztlich den hohen Preis aber in keiner Weise rechtfertigten. Alex Silva, Thiago Neves und Marcell Jansen kamen als protziges 20-Millionen-Paket, verstärkten den Kader aber in bisher nur in der Breite. Angesichts solcher Investitionen wirkte das Spiel des HSV über weite Strecken auch nicht besonders genug.

Dass all dies kaum für Ärger sorgte, lag vor allem an Neuzugang Nummer vier: Mladen Petric. Erst Mitte August im Tausch für Zidan angeheuert, stellte sich der Kroate zunächst geduldig hinten an, um sich gemeinsam mit Ivica Olic bis zum Ende der Hinrunde dann zu einem Traumsturm zu vereinen. Sie beide wurden das neue Gesicht des HSV, speziell Mladen Petric, der dem vormals berechenbaren Angriff eine neue Dynamik verlieh und es fertig brachte, in sechs seiner 16 Ligaspiele ein entscheidendes Tor zu erzielen. Überhaupt war es die große Kunst der Hanseaten, enge Begegnungen knapp für sich zu entscheiden. Je in der 90. Minute gewannen sie zu Hause gegen Karlsruhe und auswärts bei Energie Cottbus. Hinzu kamen stolze Energieleistungen beim Auftaktspiel in München (2:2 nach 0:2) und vor allem gegen Bielefeld (4:2) und zu Hause gegen Bayer (3:2), als jeweils nach einem Zwei-Tore-Rückstand sogar noch gewonnen werden konnte. Fast genauso gut hätte Hamburg seinen Start auch vermasseln können. Nach vier Runden aber war die Jol-Elf statt dessen Erster und hielt sich noch bis zum achten Spieltag hartnäckig oben, ehe drei weniger auswärtsschwache Teams schließlich noch rechtmäßig vorbeiziehen konnten. Binnen weniger Monate hat der HSV sich damit spürbar erneuert sowie vom zu dominanten Spielmacher emanzipiert – und trotzdem den gleichen Erfolg eingefahren. Sorge macht nun einzig ein Blick auf die alte Saison. Auch 2007 nämlich hatte der Altmeister zur Winterpause noch engen Kontakt zur Spitze gehabt und stand zudem in beiden Pokalwettbewerben. Zum seit langem ersehnten Titelgewinn langte es am Ende aber nicht mal im Ansatz.

Maik Großmann



Ferguson hat gesagt, ich wäre ein United-Spieler im falschen Trikot. Ich sagte ihm, dass er ein Arsenal-Trainer im falschen Blazer ist.

— Tony Adams