Was bisher geschah - Platz 6 bis 4

von Günther Jakobsen11:42 Uhr | 19.01.2012

Leverkusen holperte in die neue Saison, während Bremen weitaus besser als in der Saison zuvor abschnitt, aber keineswegs gefestigt erscheint. Gladbach überraschte erneut.

Platz 6: Bayer Leverkusen
Eine reibungslose Stabübergabe - von Heynckes zu Dutt - war es nicht. Auf der einen Seite musste sich der zurück nach München gewechselte Jupp Heynckes ein leichtes Nachtreten aus Leverkusen gefallen lassen, weil Mittelfeldcrack Arturo Vidal plötzlich großes Interesse bekundete, ebenfalls beim FC Bayern zu unterschreiben (er landete schließlich bei Juve). Andererseits gelang es dem Ex-Freiburger Robin Dutt vorerst nicht, sein Konzept und das spielende Personal optimal aufeinander abzustimmen. Dutts These, dass alternativ nur Ballack oder Rolfes, nicht aber beide gemeinsam einen Platz im Mittelfeld finden, wurde ständig thematisiert, sowie die Wechsel zwischen den beiden. Hinterfragt werden musste auch die recht dürftige Trefferausbeute der Werkself (22 Tore). Von den Stürmern kam nur Eren Derdiyok mit seinen 6 Toren auf einen ordentlichen Wert. Neuzugang André Schürrle konnte sein Potenzial nicht voll entfalten. Kapitän Simon Rolfes fasst zusammen: „Keiner im Club ist mit der Vorrunde hundertprozentig zufrieden.“

Einen eindeutigen Gewinner gab es aber doch: Bernd Leno, der als Leihgabe vom VfB zur Werkself kam und mit starken Leistungen überzeugte. Leverkusen setzte alle Hebel in Bewegung und eiste das 19-jährige Torwart-Talent aus Stuttgart los (Vertrag bis 2017). Leidtragender war der vom Verletzungspech gebeutelte Renè Adler. Bayers durchwachsene Hinrunde, mit den Tiefpunkten in den Heimspielen gegen Köln (1:4) und Nürnberg (0:3), ist aber nicht ausschließlich Eigenverschuldung. Mit Barnetta und Augusto (ab dem 8. Spieltag) fielen verletzungsbedingt zwei wichtige Akteure aus; nicht zu vergessen ein chilenisches Energiebündel. „Arturo Vidal fehlt mehr, als wir gedacht haben“, sagt Rudi Völler. Auf die hohe spielerische Qualität des Kaders sowie die Fähigkeiten Robin Dutts vertrauend (Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser: „Ich bin sicher, dass wir gemeinsam Erfolg haben werden“), verzichtete man in der Winterpause auf Neuverpflichtungen. Hanno Balitsch (Nürnberg) und Nicolai Jörgensen (ausgeliehen an FCK) wurden abgegeben.

Platz 5: SV Werder Bremen
Nach dem Schrecken der vorigen Saison, in der die Grünweißen an gerade Mal zwei Spieltagen eine einstellige Platzierung hinbekamen, schlägt sich der aktuelle 5. Rang wohltuend auf das Gemüt der Hanseaten nieder. Von der Souveränität des alten Werder Bremens, das regelmäßig wie selbstverständlich um die Podiumsplätze der Liga mitspielte, ist Thomas Schaafs Ensemble allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Maßgeblich Claudio Pizarros Klasse (12 Treffer/7 Vorlagen) und deren Auswirkungen täuschen darüber hinweg, dass Bremens Rückkehr in den oberen Tabellenbereich eine fragile Angelegenheit ist. Ansätze des attraktiven flüssigen Kombinationsspiels blitzten zwar immer wieder auf - dauerhafte Manifestierung war ihnen jedoch nicht beschieden. Die happigen Pleiten gegen Topklubs (0:5 in Gladbach, 1:4 in München, 0:5 auf Schalke) dokumentieren den Rückstand zur Spitze. Zwei nicht zu unterschätzende positive Aspekte: Das Weserstadion wurde wieder zur Festung (7 Siege/1 Niederlage) und fünf Partien drehte Werder nach Rückstand noch in einen Sieg um.

Mit den Neuzugängen Lukas Schmitz, Sokratis und Andreas Wolf stellte Bremen seine Abwehr - nach dem Abgang von Per Mertesacker (Arsenal) - auf eine breitere, solide Basis. Eine signifikante Verbesserung der Defensivbilanz (31 Gegentreffer/35 gleiche Zeit der vorigen Saison) konnte indes nicht notiert werden. Für zwei Stürmer entwickelte sich die Hinserie recht unterschiedlich: Markus Rosenberg kam verbessert von Racing Santander zurück und in fast jedem Spiel zum Einsatz (5 Tore), während Sandro Wagner ohne Fortschritte blieb und nach Kaiserslautern ausgeliehen wurde. Auf personelle Nachrüstung in der Winterpause verzichtete man.

Platz 4: Borussia Mönchengladbach
Die fantastische Rückserie der vorigen Saison trug den Gladbachern zurecht die geballte Anerkennung der Liga ein. In fast aussichtsloser Lage (20 Spieltage Tabellenletzter) hatte sich Lucien Favres Team aus dem Abstiegssumpf herausgestrampelt. Dass die „Fohlen“ den Rückenwind nutzen könnten, sich in der folgenden Spielzeit gleich in die Spitzengruppe einzureihen, verblüffte aber doch. Mit ihrem 1:0-Auswärtscoup in München am ersten Spieltag - dem erst zweiten Gladbacher Sieg beim FC Bayern in der Bundesligahistorie - begann der Erfolgslauf. „Das hat uns damals Motivation für die gesamte Hinrunde gegeben“, blickt Favre auf dieses Schlüsselspiel zurück. In der Folge bewährte sich dann das Gladbacher System, hinten abzudichten und nach Balleroberung mit schnellen Gegenstößen vorm gegnerischen Tor zum Abschluss zu kommen. Das Personal gibt eine erfolgreiche Umsetzung der Taktik her. Angefangen im Tor: Nachwuchskeeper Marc-André ter Stegen bestätigte die guten Eindrücke aus der Vorsaison, als er ins kalte Wasser geworfen und auf Anhieb zum Rückhalt der Defensive wurde.

Als Gladbacher Gallionsfigur steht freilich unwidersprochen Marco Reus, der beste Torschütze (10 Treffer) und geniale Einfädler des VfL im Rampenlicht. Und genau angesichts dieser Personalie treten Sorgenfalten auf der Stirn der Gladbacher Verantwortlichen - denn Reus zieht es nach Saisonende zurück zum BVB. „Marco macht den nächsten Schritt, so ist das Geschäft nun einmal“, zuckt Sportdirektor Max Eberl mit den Schultern. „Bis Juni ist Marco noch da“, richtet Lucien Favre erst einmal den Blick auf die nahe Zukunft. Aber auch die Vertragsverlängerung des Schweizers (aktuell bis 2013) steht noch aus. Und der Verlust der Leistungsträger Reus und Neustädter (zu Schalke) am Saisonende missfällt dem Coach. Seine Prognose zur Rückserie fällt vorsichtig aus: „Es ist schwierig, sich zu verbessern. Wenn nicht sogar unmöglich. Platz vier ist für uns schon ein Wunder.“ Mit Tolga Cigerci (Wolfsburg) und Alexander Ring (HJK Helsinki) kamen in der Winterpause zwei Neue.

André Schulin



Selbst der Elch hat mehr gekämpft als ihr!

— Harlekins Berlin 1998 auf einem Spruchband beim Heimspiel nach der Auswärtsniederlage von Hertha BSC im schwedischen Östersund. Auf der Rückfahrt kollidierte ein Fanbus mit einem Elch.