Was nun, Herr Assauer?

von Günther Jakobsen13:45 Uhr | 14.12.2005

Jetzt darf sich also mal wieder ein neuer Trainer auf Schalke versuchen. Der Sechste in dreieinhalb Jahren. Wer den Zuschlag kriegt, ist noch nicht klar. Ottmar Hitzfeld soll angeblich ein Kandidat sein, auch der Name Matthias Sammer ist bereits gefallen. Oder kommt Huub Stevens zurück? Wer auch immer es sein wird, er tritt die Nachfolge des erfolgreichsten Schalker Coaches seit Stevens an. Und er wird es nicht leicht haben.

Ralf Rangnick übernahm Schalke im September 2004 auf Tabellenplatz 15, führte das Team auf Rang zwei und ins Pokalfinale. Auch die nackten Zahlen sprechen für Rangnick: Er holte knapp zwei Punkte pro Spiel, liegt damit sogar deutlich vor Stevens.

Es ist zumindest ungewöhnlich, jemanden mit dieser Bilanz vor die Tür zu setzen, beziehungsweise, ihn so lange zu zermürben, bis er sich quasi selbst vor die Tür setzt. Klingt kompliziert, ist aber Schalker Realität. Das ist passiert: Über Wochen und Monate können sich Vorstand und Trainer nicht über eine Vertragsverlängerung einigen. Es wird immer deutlicher, dass sich der Wille der Vereinsoberen, den 47-Jährigen länger zu binden, in Grenzen hält. Doch das teilt ihm keiner offen mit. Stattdessen erfahren es die Medien. Ende vergangener Woche hat Rangnick genug. Er spricht von "politischen Possenspielen" und kündigt seinen Abschied zum Saisonende an. Samstag dann der "Höhepunkt" der Schalke-Show. Der Trainer läuft vor (!) und nach dem Spiel eine Ehrenrunde. Um sich bei den Fans zu bedanken, sagt er. Um sich zu verabschieden, grollt Manager Rudi Assauer. Zwei Tage später endet die Liaison S04/Rangnick.

Sein kurioser Auftritt gegen Mainz wurde ihm als Provokation ausgelegt, auch die Spieler reagierten größtenteils ablehnend. Der Rauswurf war die logische Folge. Und es war mit Sicherheit keine glückliche Inszenierung des Trainers. Doch das ist auch alles, was man ihm vorwerfen kann. Die Hauptschuld an der Eskalation trägt zweifellos die Vereins-Seite, allen voran Assauer. Vom ersten Tag an, als er den Coach als "Rolf Rangnick" vorstellte, hatten beide ein schwieriges Verhältnis. Der volksnahe Rudi aus dem Pott und der "Professor" aus Schwaben, der komplexe Sachverhalte auch in komplexen Worten darstellt, das passte nicht zusammen. Erfolge auf dem Platz konnten die Unvereinbarkeit dieser beiden Charaktere mehr oder minder erfolgreich übertünchen. Doch wehe, es lief nicht. Beispielsweise nach dem 0:1 in Eindhoven polterte Assauer in einer Art und Weise los, die vielerorts Kopfschütteln auslöste. Rangnick ist nun weg. Und damit steht auch Assauer unter Druck. Fünf Übungsleiter seit Sommer 2002 sprechen nicht für ihn. Einen Fehlgriff bei der Neubesetzung des Trainerstuhls darf er sich nicht leisten.

Der neue Mann muss mehr Erfolg haben als Rangnick. Klar, das ist theoretisch möglich. Immerhin hat dieser das desaströse Ausscheiden aus dem DFB-Pokal (0:6 in Frankfurt) und das Aus in der Champions League zu verantworten. Aber steckt in der Mannschaft wirklich mehr, als Rangnick aus ihr rausholen konnte?

Sebastian Schlichting



Vor einiger Zeit war er noch ein Niemand, einer zu dem sie höchstens sagten: Geh mal rüber in die Turnhalle und räum' dort ein bisschen auf.

— Egon Coordes, Co-Trainer Bayern München, über Ersatztorhüter Raimund Aumann.