Weichenstellung

von Günther Jakobsen16:37 Uhr | 20.04.2007

Die Stuttgarter könnten bereits mit einem Unentschieden leben, für die Gäste aus München hält der Ausflug ins Schwabenland größeren Druck bereit. Alles andere als ein Sieg würde ihren Mindestanspruch vom dritten Tabellenplatz gefährden; eine Niederlage gar bedeuten, das Ziel aus eigener Kraft nicht mehr erreichen zu können. Der VfB kann indes sogar noch vom Double träumen. Wenn der vielfach als „Endspiel um Platz drei“ hochgejazzte Südschlager diesem Titel in letzter Konsequenz nicht gerecht werden kann, so ist er in der Saisonendphase doch von großer Bedeutung.

In guten Jahren konkurrenzfähig
Schön ist sie nicht, Stuttgarts Bundesligabilanz gegen den FC Bayern. Von den bisherigen 79 Vergleichen wurden lediglich 14 gewonnen (18 Remis, 47 Niederlagen). Sogar die Heimbilanz ist unangenehm, da den Münchnern in Stuttgart mehr als doppelt so viele Erfolge glückten (21) wie den Gastgebern (10). In den Jahren, als der VfB seine größten Erfolge feierte, also auf Augenhöhe mit den nahezu permanent in der Ligaspitze vertretenen Bayern agierte, sah die Sache etwas anders aus. 1984 und 1992 holte der VfB die Schale - die Heimspiele gegen den FC Bayern wurden in beiden Saisons jeweils gewonnen; 1983/84 sprang zudem noch ein Punktgewinn in München heraus. 1979 und 2003 wurde der VfB Vizemeister - in der Saison 1978/79 konnten die Schwaben sich neben dem 2:0-Heimsieg auch über das 1:1 in München freuen. Nur in der Saison 2002/03 hatten sie in beiden Partien das Nachsehen. Ergo war der VfB in seinen erfolgreichsten Bundesligajahren sehr wohl in der Lage, dem großen Südrivalen ein Bein zu stellen.

Faktor Druckresistenz
Das Hinspiel der laufenden Saison in München ging allerdings an die Bayern (2:1). Wohl auch ein Grund dafür, dass die Münchner - trotz ihrer vergleichsweise schlechten Saisonausbeute - dem „kleinen Finale“ um Platz drei optimistisch entgegen sehen. „Ich bin überzeugt, dass wir gewinnen werden“, meint etwa Hasan Salihamidzic. Auch der von 2003 bis 2005 an die Schwaben ausgeliehene Philipp Lahm sieht seinen jetzigen Arbeitgeber „…im Vorteil“, da er die Bayern für druckresistenter hält. Oliver Kahn lobt die Schwaben und widerspricht jüngst veröffentlichen Kolportagen, nach denen der FCB den VfB nicht als ernsthafte Hürde betrachtet: „Sie stehen zurecht da oben. Und wir nehmen sie total ernst.“ Stuttgarts Trainer Armin Veh ficht das alles nicht an: „Wir hatten die ganze Saison über immer wieder Situationen, in denen wir unter Druck standen…Die Mannschaft ist damit gut zurechtgekommen.“ Der wegen einer Knieverletzung außer Gefecht gesetzte VfB-Goalgetter Mario Gomez warnt seine Kollegen davor, die Fehler aus dem Hinspiel zu wiederholen. „Wir dürfen uns nicht wieder den Schneid abkaufen lassen.“

An der Schwelle zum Glück
Dass es den Stuttgartern nicht an der richtigen Einstellung mangelt, bewies die engagierte Leistung beim 1:0-Pokalsieg in Wolfsburg, die den Einzug ins Finale ebnete. Und der Kommentar von Neuzugang Roberto Hilbert (einer der Saisongewinner bei den Schwaben), der unmittelbar nach dem Erfolgserlebnis schon das nächste Ziel anvisierte: “Aber wir schauen auch jetzt schon nach vorne auf das Spiel am Samstag gegen die Bayern.“ Der Abschied der Stammkräfte Timo Hildebrand und Ludovic Magnin zum Saisonende steht fest, sollte aber, nach den letzten Eindrücken, vom federführenden Doppel Veh/Heldt kompensiert werden können. Schon der Einbau der Mexikaner Osorio und Pardo funktionierte glänzend. Die sportlichen Erfolge könnten zudem den vom VfB geplanten Stadionumbau begünstigen, der das Gottlieb-Daimler-Stadion in eine multifunktionale Fußballarena verwandeln soll. Die Perspektiven der Schwaben sind rosig, zumal dann, wenn die Qualifikation für die Champions League gelingen sollte. Davor steht allerdings noch der Gang gegen die Bayern…

André Schulin



Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger in der Abwehr, Bruce Willis im Mittelfeld und Jean-Claude van Damme im Sturm.

— Rainer Bonhof, Trainer von Borussia Mönchengladbach, 1988/99 über seine Taktik.