Otto Rehhagel feierte als Trainer mit Werder Bremen und dem 1. FC Kaiserslautern große Erfolge in der Bundesliga. Tiefpunkte erlebte das selbsternannte „Kind der Bundesliga“ während seines Übungsleiter-Daseins selbstverständlich auch. So ist Rehhagels Demission in Kaiserslautern (im Oktober 2000) als 250. Trainerentlassung in die Bundesligageschichte eingegangen. Mittlerweile ist er Nationaltrainer Griechenlands. Einige ehemalige Bundesligatrainer haben wie Rehhagel ihre Zelte im Ausland aufgeschlagen. Andere heuerten in der Zweiten Liga oder in den Regionalligen an; wieder andere gingen in die Arbeitslosigkeit und warten, dass sich ihnen durch die Entlassung eines Kollegen ein neues Betätigungsfeld eröffnet.
Lizenz zum Trainieren
In der letzten Saison mussten mit Frank Pagelsdorf (HSV), Werner Lorant (1860 München), Friedhelm Funkel (Rostock), Ewald Lienen (Köln) und Jürgen Röber (Hertha) fünf Erstligacoaches vorzeitig ihren Stuhl räumen. In der Hinrunde dieser Spielzeit gab es nur eine Trainerentlassung in der Bundesliga: Andreas Brehme (FCK) wurde durch Erik Gerets ersetzt. Dies muss allerdings nicht der letzte Traineraustausch der Saison gewesen sein, denn traditionell greifen im Frühjahr vornehmlich abstiegsbedrohte Klubs gern zum vermeintlich letzten Hilfsmittel, der Trainerentlassung, um den Klassenerhalt noch zu sichern. Mit Trainerlizenz ausgestattete Alternativen sind mittlerweile reichlich auf dem Markt. Viel mehr, als der bezahlte Fußball an offenen Stellen für hauptverantwortliche Trainer hergibt. Neben gesetzten, derzeit freien Übungsleitern wie Dragoslav Stepanovic und Egon Coordes verfügen Dieter Eilts, Jürgen Kohler (betreut die U21-Nationalelf), Andreas Köpke, Manfred Kaltz, Bernd Hölzenbein, Jürgen Klinsmann, Eike Immel, Guido Buchwald, Bernhard Dietz, Ralf Zumdick und etliche mehr über die A-Lizenz. Nicht alle streben allerdings einen Trainer-Chefposten an.
Arbeitslose mit Perspektive
Bei Vereinen mit Abstiegssorgen sind jedoch in erster Linie diejenigen Übungsleiter gefragt, deren Verpflichtung aufgrund ihrer Reputation Erfolg verspricht und die auf Abruf einspringen könnten. Hier bieten sich den derzeit arbeitslosen Frank Pagelsdorf, Jürgen Röber, Andreas Brehme, Falko Götz (zuletzt bei Hertha), Bernd Krauss (zuletzt bei Aris Saloniki), Martin Andermatt (zuletzt bei Eintracht Frankfurt) und Joachim Löw (zuletzt bei Wacker Tirol) als bundesligaerfahrenen Fußballlehrern die besten Möglichkeiten, kurzfristig wieder aktiviert zu werden. Auch Stefan Kuntz (zuletzt beim KSC), als aufstrebender Jungtrainer, hat Perspektiven. In einigen Fällen leisten es sich die unbeschäftigten Trainer, auf ein attraktives Angebot eines Topklubs zu warten.
Die Gefährdeten
Das Trainerkarussell dreht sich nicht nur bei Klubs der unteren Tabellenregion. Derzeit ist, zum wiederholten Mal, der Stuhl des Wolfsburger Coaches Wolfgang Wolf im Gespräch. Der derzeit dienstälteste Bundesligatrainer bei einem Verein (seit 1997 beim VfL) soll die Niedersachsen in den internationalen Wettbewerb führen - die aktuelle Platzierung (Rang zehn) sorgt für Unmut in der VW-Stadt. In der kommenden Woche soll verkündet werden, ob der bis Sommer laufende Vertrag verlängert, vorzeitig gekündigt oder erfüllt wird. Längst nicht sicher ist ebenfalls, wie lange Erik Gerets seinen erst kürzlich übernommenen Job in Kaiserslautern ausführen kann. Hier muss die sportliche Entwicklung abgewartet werden. Aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage der Pfälzer wird der Belgier aber wohl bleiben. Klaus Augenthaler (Nürnberg), Ralf Rangnick (Hannover) und Kurt Jara (HSV) standen im Verlauf der Hinrunde bereits in der Kritik, ein Abrutschen in der Tabelle könnte ihre Position erneut ins Wanken bringen. Eduard Geyer (Energie Cottbus) verlängerte erst im Januar 2003 seinen Vertrag - damit dürfte bei den Lausitzern - trotz akuter Abstiegsnot - in dieser Saison ein Trainerwechsel ausgeschlossen sein.
Hoffnung für arbeitslose Trainer
Dass Erfolg vergänglich ist, spürten auch Klaus Toppmöller, dem Bayer-Manager Reiner Calmund nach Leverkusens Talfahrt vorbeugend das Vertrauen aussprach, und Ottmar Hitzfeld, der nach dem frustierenden Champions-League-Aus der Bayern ebenfalls kurzzeitig mit Spekulationen über eine Ablösung konfrontiert wurde. Beide Trainer müssten aber nicht, wie Wolfgang Sidka (Bahrain) oder Bernd Stange (Irak) befürchten, in die Wüste geschickt zu werden, um einen neuen Trainer-Job zu finden. Und sollte es trotzdem schwierig werden mit einer neuen Anstellung, hilft vielleicht Gerd vom Bruch weiter. Der ehemalige Bundesliga-Coach von Borussia Mönchengladbach hat eine Firma gegründet, die im Profibereich als Agentur zwischen Trainern und Vereinen fungieren will. Angesichts der Bewegung in dieser Branche eine durchaus zukunftsfähige Neuerung.
André Schulin
Daum hat die Bundesliga PR-mäßig angeheizt.
— Jupp Heynckes