Der Dreikampf zwischen Schalke, Stuttgart und Bremen um den Titel elektrisiert und mobilisiert die Fans. Dass zwei Spiele vor Saisonende noch drei, oder gar mehr Vereine noch rechnerische Chancen auf die Schale hatten, passierte in der Bundesligahistorie zuvor schon 14 Mal.
Noch ohne Erfolgserlebnis
Es ist höchst interessant für den Fußballfan, wenn die Entscheidung um die Titelvergabe sich bis zum Saisonende hinauszögert und mehrere Optionen bereithält. Das verleiht der Meisterschaft jenen Spannungsbogen, der sonst nur Pokalwettbewerben zukommt. Die drei beteiligten Vereine des gegenwärtigen Krimis sind in dieser Hinsicht allesamt keine Neulinge. Der FC Schalke 04 befand sich in diesem Jahrzehnt bereits zweimal in der Situation, zwei Spieltage vor Schluss inmitten einer Vierergruppe noch Chancen auf den Titelgewinn zu hegen, wenngleich die Aussichten seinerzeit ungleich schlechter waren als derzeit. 2001/02 belegten die Knappen am 32. Spieltag Platz vier, mit fünf Zählern Rückstand auf den Tabellenführer. Eine sehr geringe Chance - Schalke verlor beide restlichen Spiele und wurde Fünfter. Im Jahr zuvor avancierten die Knappen zum berühmt-berüchtigten „Meister der Herzen“, als die Bayern in der Nachspielzeit beim HSV noch zuschlugen und Schalkes Hoffnungen zerstörten. Am 32. Spieltag lag S04 noch als Tabellenführer vor den punktgleichen Bayern. In den 70er Jahren (Saison 1976/77) waren die Königsblauen schon einmal sehr nah dran, als sie zwei Spieltage vor Schluss hinter Gladbach Platz zwei belegten. Damals gewannen sie ihre beiden letzten Spiele - Gladbach aber auch.
Zwei Titelerfolge aus Mehrkämpfen heraus
Der VfB Stuttgart schälte sich im Endspurt der Saison 1991/92 als Sieger einer Dreiergruppe heraus, die an den beiden letzten Spieltagen die Schale unter sich ausspielte. Ein später Treffer Guido Buchwalds (86.) zum 2:1-Sieg in Leverkusen machte die Schwaben zum Meister. Die punktgleichen Dortmunder und Frankfurt, zwei Zähler zurück, hatten das Nachsehen. In der Saison 1983/84 waren es gar fünf Mannschaften, die am 32. Spieltag noch rechnerische Chancen auf den Titel ausrechnen durften. Der VfB führte das Feld an und konnte diese Position retten, obgleich er in den ausstehenden Spielen nur ausgeglichen spielte (Sieg gegen Bremen, Niederlage gegen den HSV). Nur einer der fünf Kandidaten (VfB, HSV, FCB, Gladbach, Werder) schaffte es, die beiden letzten Partien zu gewinnen: Borussia Mönchengladbach. Die Gladbacher scheiterten allerdings an ihrer Tordifferenz. Auch 1982/83 bestand für die Schwaben am 32. Spieltag noch eine geringe theoretische Chance auf den Titel. Vom Vier-Punkterückstand auf die Nordklubs HSV und Werder Bremen bröckelte jedoch nichts ab. Alle drei Kandidaten gewannen ihre zwei abschließenden Partien.
Gewohntes Terrain
Werder Bremen war gleich sechs Mal dabei, als es darum ging, aus einer Gruppe heraus an den beiden letzten Spieltagen das Optimum herauszuholen. In zwei Fällen glückte der Griff zur Schale: 1993, als der 32. Spieltag noch die Reihenfolge wiedergab: 1.) FCB (44:20 Pkt.), 2.) Werder (44:20 Pkt.), 3.) BVB (41:23 Pkt.). Bremen gewann als einziger Kandidat beide Restpartien und sicherte sich in Stuttgart (3:0) die Schale. Auch Bremens erster Bundesligatitel, im Jahre 1965, war eine enge Angelegenheit. Köln und Dortmund hätten den Norddeutschen noch die Suppe versalzen können, doch auch damals gestalteten die Werderaner die letzten zwei Saisonspiele erfolgreich.
Die „Mehrkämpfe“ in der Übersicht
(Teams die zwei Spieltage vor Schluss noch im Rennen waren, Meister fett)
Saison Teams
2001/02 4 Schalke, FCB, BVB, Leverk.
2000/01 4 Leverk., BVB, FCB, Schalke
1996/97 3 BVB, Leverk., FCB, Werder
1993/94 4 BVB, KSC, Lautern, FCB
1992/93 3 BVB, Werder, FCB
1991/92 3 BVB, VfB, Frankf.
1983/84 5 VfB, HSV, FCB, Gladbach, Werder
1982/83 3 VfB, HSV, Werder
1976/77 4 Frankf., E. Braun., Schalke, Gladbach
1967/68 3 Gladbach, Werder, Club
1966/67 5 BVB, TSV 1860, Frankf., E. Braun., Lautern
1965/66 3 FCB, TSV 1860, BVB
1964/65 4 TSV 1860, BVB, Köln, Werder
André Schulin
Meine Mutter jammert immer, dass Fußball mehr Unglück und Tränen über die Stewarts gebracht habe als alle Weltkriege und Naturkatastrophen.
— Sir Rod Stewart, Fan von Celtic Glasgow und Beinahe-Profi von Brentford FC