Wolfsburg reloaded

von Günther Jakobsen09:35 Uhr | 09.04.2009

Vier Tage nach dem 1:5 in der Liga ließ sich eine Mannschaft, die einst der FC Bayern war, auch in der Königsklasse verdreschen und erlebte eine der schlimmsten Blamagen ihrer Europapokalgeschickte. Nur weil Barcelona nach einer 4:0-Führung die Lust verlor, fiel die Demontage nicht noch deutlicher aus. Jürgen Klinsmanns Tage an der Isar scheinen damit gezählt.

Wenn es überhaupt entlastende Umstände für die Art und Weise der Münchener Niederlage gab, dann waren es die seuchenhaften Sorgen in der Verteidigung. Lucio und Philipp Lahm fehlten verletzt, Daniel van Buyten war aus privaten Gründen nicht mitgereist. So puzzelte Jürgen Klinsmann eine Verlegenheitsabwehr aus Oddo, Demichelis, Breno und Lell zusammen und versuchte dieses Risiko aufzufangen, indem er überraschend Hans-Jörg Butt dahinter stellte – und Stammtorwart Michael Rensing zugleich demontierte. Die Maßnahme fruchtete nicht. Butt machte zwar keinerlei Fehler, hatte im ersten Abschnitt aber auch kaum etwas anderes zu tun, als einen Ball nach dem anderen aus den Maschen zu fischen. Der FC Bayern, angereist um die Schmach von Wolfsburg vergessen zu machen, war von Anfang an kein Gegner, sondern nur ein hilfloses Opfer der Katalanen, die in der ersten Halbzeit allerdings auch einen Fußball zelebrierten, wie ihn kein Computerspiel besser simulieren kann. Eto’o auf Messi, Messi auf Eto’o – schon nach zwölf Minuten war Bayerns Ausscheiden so gut wie besiegelt, wobei die Münchener noch von Glück sagen konnten, dass Messi nach einem Foul von Lell keinen Strafstoß, sondern wegen einer angeblichen Schwalbe die Gelbe Karte bekam (17.). Lell und Oddo waren die größten Schwachstellen einer völlig konfusen Verteidigung, die wie eine Schulhofmannschaft von Barcas Weltklassestürmern verhohnepiepelt wurde. Als erneut Messi nach Vorarbeit von Henry (38.) und schließlich der Franzose selbst mit einem Flachschuss ins lange Eck (43.) gar auf 4:0 erhöhten, führten die Gastgeber endlich auch angemessen hoch. Luca Toni, der wegen des Erdbebens in Italien mit Trauerflor auflief, hatte bislang noch keinen einzigen Ball berührt.

Das Gute vorweg: Den zweiten Durchgang verloren die Münchener nicht. Das aber lag kaum an ihnen selbst, sondern ganz allein am Imperator dieses Spiels, der an seinem Opfer allmählich das Interesse verlor und seinen 95.000 begeisterten Fans nun einen Schaulauf präsentierte. Halbzeit zwei diente somit beiden Teams dem Zweck, das bisher Gewesene zu verdauen. Ein einziges Mal, als Ze Roberto nach Zuspiel Riberys plötzlich allein vor dem Tor stand (71.), schien dann eine Ergebniskorrektur möglich. Grundsätzlich aber blieb selbst ein satter FC Barcelona dem 5:0 näher als die Klinsmann-Elf dem Anschlusstor und ließ zumindest zwei gute Chancen hierfür noch aus (59./90.). So entkamen die Bayern sogar noch im Gefühl, von einer übermächtigen Mannschaft, mit der man sich eigentlich auf Augenhöhe meinte, glimpflich behandelt worden zu sein. Umso bitterer aber war die Erkenntnis dieser Partie: Das stolze Bayern München, das sich nach seiner UEFA-Cup-Kur wieder als reif für die Liga der Großen befunden hatte, wurde von einem wahren Spitzenteam verschlungen und wieder ausgespuckt und steht nun vor den Scherben einer ganzen Saison. Allein in der Bundesliga bleibt nun noch die Chance auf einen Titel. Ob man den Weg durch den Notausgang aber noch mit Jürgen Klinsmann gehen will, scheint nach diesem Abend allemal fraglich. Franz Beckenbauer jedenfalls, der den Trainer schon unter der Woche in Frage gestellt hatte, sprach bereits vom „Fürchterlichsten, was ich je vom FC Bayern gesehen habe“ und hatte vermutlich sogar Recht.

Maik Großmann



Adduktoren! Wenn ich das schon höre! So was gab es bei uns noch gar nicht, die wurden erst nach meiner Zeit erfunden.

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