Der Triumph der Vorsaison wurde wie schon vielen Klubs vor ihm dem Deutschen Pokalsieger zur Last. Ein grausiger Start spülte die Franken sofort in den Keller, wo sie seither tapfer, aber glücklos um einen Platz über dem Abstiegsbalken kämpfen. Der als Lohn gedachte UEFA-Cup verkam immer wieder zur Nervenprobe.
Genau ein Jahr war es hergewesen, dass Nürnberg den späteren Deutschen Meister Stuttgart mit einer überraschenden Auftaktpleite überrumpelt hatte. Nun waren es die Franken selbst, die am ersten Spieltag einen Underdog empfingen und ebenfalls eisekalt abgeduscht wurden; Aufsteiger Karlsruhe siegte mit 2:0 und mauserte sich zu eben jenem Überraschungsteam, das im Vorjahr der FCN gewesen war. Der Club derweil stolperte von einem Unglück ins nächste. Schon am zweiten Spieltag zwar gelang mit einem 2:1 in Rostock ein Stück weit Wiedergutmachung, Platz zwölf aber sollte das höchste der Gefühle bleiben, denn der Fehlstart fing jetzt erst richtig an. Bremen, Hamburg, Leverkusen und München waren wie erwartet eine Nummer zu groß, auch die Gegner aus der vermeintlichen Augenhöhe aber schaffte Nürnberg nicht zu besiegen: weder Cottbus (1:1) noch Hannover (2:2) noch den VfL Bochum (3:3). Als sich auch noch Pinola und Robert Vittek längerfristig verletzten, war der Schaden des Saisonstarts bereits beträchtlich. Mit sechs Punkten aus neun Spielen stand die Meyer-Elf an vorletzter Stelle und lag bereits drei Zähler hinter dem Abstiegsstrich. Dass in zwei engen Vergleichen gegen Bukarest der Sprung in die UEFA-Cup-Hauptrunde gelang, schuf daneben ein fast fremdartiges Glücksgefühl. Zugleich aber wuchs damit auch die Angst vor einer verhängnisvollen Mehrfachbelastung.
Am zehnten Spieltag kam es zum lang ersehnten Befreiungsschlag. Verletzungsgebeutelt wie nie empfing der Club zwar Eintracht Frankfurt, war aber trotzdem entschlossen und nervenstark genug, um einen 0:1-Rückstand noch in einen 5:1-Kantersieg zu verwandeln. Mann des Spiels war Angelos Charisteas, der mit großen Erwartungen verpflichtet worden war, bislang aber selbst den berühmten Möbelwagen nicht getroffen hatte. Der Knoten war nun also geplatzt, doch zog er sich zur allgemeinen Verwunderung auf der Stelle neu wieder zusammen. Schon beim nächsten Spiel in Wolfsburg (1:3) präsentierten sich die Franken verunsichert wie eh und je, was in eine unglückliche Heimpleite gegen Stuttgart (0:1) sowie eine fatale Niederlage in Bielefeld (1:3) mündete. Ausgerechnet in Jena, Hans Meyers Ruhmesstätte vergangener Tage, war im DFB-Pokal ebenfalls Schluss. Die dritte Hochzeit, nämlich die Hauptrunde des UEFA-Pokals, blieb somit mit Abstand die erfreulichste, zumal Nürnberg noch im letzten Spiel die Tür zur nächsten Runde aufstieß und mit Benfica Lissabon sogar ein hochattraktives Weihnachtsgeschenk erhielt. So unbeschwert wie erhofft ließ sich der Europapokal allerdings nicht genießen und trug obendrein mit dazu bei, dass besonders gegen direkte Liga-Konkurrenten oftmals das Feuer fehlte. Mit zwei Zittersiegen gegen Dortmund (2:0) und Hertha (2:1) befreite sich der Club zunächst aus der schlimmsten Zone, um mit einer Abschlussniederlage auf Schalke aber doch wieder hinein zu geraten. Nach wie vor, auch nach einer kompletten Hinrunde nicht, hatte der Pokalsieger in keiner Weise zu sich selbst gefunden und nur bruchteilhaft sein wahres Potenzial aufgezeigt. Dies gleichzeitig lässt alle Hoffnungen für eine weniger glücklose Rückrunde zu, zumal schwächere Teams als ein gesunder und normal funktionierender FCN mehr als drei in der Liga vorhanden sind.
Maik Großmann
Wenn Regisseure anfangen, Gesichter zu zeigen, heißt das: Auf dem Spielfeld ist wenig los.
— Steffen Simon