Zu wenig im Köcher

Zumindest würdevoll wollte sich der HSV aus der Königsklasse verabschieden, zumal auch der UEFA-Cup noch denkbar war. Unterm Strich aber stand die Leistung stellvertretend für alle anderen Auftritte: gute Ansätze, aber zu viele Fehler und ein großes Defizit an Klasse.
Verunsichert, aber sichtlich bemüht nahmen die Hamburger das Spiel auf. Gleich nach zwei Minuten kam Ljuboja plötzlich zum Schuss, war nach Portos Abwehrfehler aber wohl zu überrascht. Die Gastgeber waren häufiger am Ball und hatten mehr Spielanteile. Die Kontrolle übten aber heimlich die Portugiesen aus, weil sie nicht nur lückenlos massiv standen, sondern auch immer gefährlich auf der Lauer lagen. Und wenn die Gäste dann am Ball waren, wussten sie erheblich mehr damit anzufangen als der HSV. Nach einem Schuss von Raul Mereiles (13.) wurde Porto etwas zutraulicher und drängte den HSV zeitweise in die eigene Hälfte. Helder Postiga versuchte es wenig später aus der Distanz, schoss aber knapp über den Kasten (19.). Weil Hamburg die Zügel aus den Händen zu gleiten drohten, stemmte es sich nun vermehrt dagegen. Was immer nach vorn möglich wurde, verkümmerte allerdings planlos; Sorin und Ljuboja vergaben jeweils die Chance auf die Führung. Was dann geschah, war fast typisch für eine Mannschaft ohne Selbstvertrauen. Ein halbherzig geklärter Ball landete ohne den Anschein von Gefahr bei Lucho Gonzalez, der sofort abzog und aus 25 Metern traumhaft schön in den Winkel schoss. Genau wie im Hinspiel traf der Schwerthieb den HSV eine Minute vor der Pause.
Der Rückstand machte, was er mit solchen Mannschaften eben macht. Hamburg quälte sich zurück ins Spiel, war bei aller Wut und Verzweiflung aber immer anfällig für neue Bosheiten des Gegners, was Porto wiederum wusste und klug für sich zu nutzen verstand. Ohne dass die Gastgeber groß zu Chancen kamen, brachte gleich der erste Konter das zweite Gegentor. Erst wurde ein Portugiese auf der linken Bahn nicht am Flanken gehindert, dann stand Atouba in der Mitte völlig verkehrt und erlaubte Lopez das billige 0:2 (61.). Mausetot waren die Hanseaten nun im Grunde, immerhin aber hatten sie ihren Kapitän wieder dabei, und der stach aus der leblosen Masse deutlich heraus. Im direkten Gegenangriff kam van der Vaart zum Kopfball und traf zum Anschlusstreffer in den Giebel (62.), was nun gar eine bessere Aussicht bot als vor dem 0:2. Leider erst jetzt, aber immerhin jetzt auch wirklich erwachte der HSV wieder zu Leben, erkämpfte sich Meter um Meter Raumgewinn und schnürte Porto zeitweise ein. Kaum zehn Minuten später kam Berisha, gerade eine Minute auf dem Platz, am Strafraum frei zum Schuss und donnerte den Ball an den Pfosten. Nicht nur möglich, sondern auch fällig schien der Ausgleich jetzt. Aber Porto ließ sich den Zustand nicht lange bieten. Nach und nach verlangsamten die Gäste das Spiel wieder und nahmen Hamburg geschickt den Wind aus den Segeln. Zwei Minuten vor Schluss war dann alles vorbei. Bruno Moraes tankte sich bei einem Konter bis zum Strafraum durch und zielte trocken ins linke Eck. Am Ende war es doch die vierte Demütigung im vierten Spiel, denn Porto gewann keineswegs glücklich. Durch das Ergebnis im Parallelspiel stand Hamburg nun vor zwei belanglosen Restpartien sowie vor der Erkenntnis, dass es in der Königsklasse völlig fehl am Platz war.
Maik Großmann