Dank Reals laxer Abwehrmoral durfte sich Werder in Madrid ein großes Stück Kuchen nehmen, ging mit den Zugeständnissen jedoch zu fahrlässig um. Ein überraschendes Pausenremis verteidigten die Bremer lange erfolgreich, bis Reals individuelle Klasse durchschlug und den verdienten Sieger ermittelte. Werders Auftaktspiel ging turnusmäßig verloren.
Thomas Schaaf hatte lange um Per Mertesacker gebangt und war froh, dass Owomoyela und Martin Harnik mitgefahren waren, während auf Bernd Schusters Bank zunächst Robben und Robinho saßen. Christoph Metzelder stand in der Anfangself. Eine Viertelstunde lang schlichen die Königlichen um Werder herum und versuchten dann allmählich zuzuschnappen. Gerade erst hatten sie sich in der Bremer Hälfte festgesetzt, als van Nistelrooy auf der linken Seite Vranjes stehen ließ und sekundengenau in die Mitte flankte. Fünf Bremer waren dort eigentlich als Wachposten aufgestellt, an den Ball kam aber urplötzlich Raul und köpfte mit der Seite an Naldo und Wiese vorbei ins Tor (16.). Oft genug waren die Bremer in der Champions League so in Rückstand geraten, noch nie aber hatten sie dergestalt geantwortet. Kaum eine Minute später tropfte eine abgefälschte Tosic-Flanke in den Strafraum, in die Sanogo vor Metzelder seinen Fuß stecken und den unerwarteten Ausgleich erzielen konnte (17.). Real war etwas pikiert über die nicht geplante Gegenwehr und fing sich wenig später fast noch das 1:2, als Casillas einen Rosenberg-Schuss aus dem Eck fischen musste (24.). All zu lange ließ die Platzelf sich das jedoch nicht bieten. Von der 30. bis zur 45. Minute entfachte Madrid ein gewaltiges Feuer, dem Werder nur mit Glück ohne Gegentreffer entging. Vor allem van Nistelrooy ließ sich immer wieder günstig in Szene setzen, meist vom brillanten Sergio Ramos. Higuains Vollspannschuss strich zudem nur um Zentimeter neben den Bremer Pfosten (37.). Jensens Antwortversuch wurde von Cassias einkassiert (42.).
Das ungemütliche Halbzeitende war den Gästen eine Lehre gewesen. Mit Wiederbeginn verteidigte Werder etwas anders, hielt die Bälle im Mittelfeld länger und wich hierzu mehr auf die Flügel aus. Diego außerdem kam nunmehr zu voller Blüte und traute sich erheblich mehr zu als vorher. Mehr als einmal schnappte sich der Brasilianer das Spielgerät und trug es über den halben Platz. Nur an der fehlenden Klasse seiner Kollegen scheiterte es, dass Werder in seiner besten Phase nicht gar in Führung ging. Platz war ausreichend vorhanden, wann immer Diego aber auf Hilfe von Rosenberg, Jensen oder vor allem Vranjes angewiesen war, verendete die Torchance kläglich. Kaum wachte Real dann wieder auf, war es um die Hanseaten auch geschehen. Zwei Großchancen ließen die Gastgeber noch aus (68./72.), ehe das kaum Vermeidbare Wirklichkeit wurde: Blitzschnell tickte die Kugel zwischen den Beinen Gutis, Rauls und van Nistelrooys hin und her, was den Niederländer am Strafraum schließlich frei in Position brachte. Per Flachschuss wurde Wiese erledigt (74.). Niemand rechnete nun noch mit einer Bremer Rückkehr, und tatsächlich hatte die Gäste der Mut verlassen. Trotz insgesamt tapferen Kampfs und eines Diegos, der den Spaniern gehörigen Respekt einflößte, begann für Werder auch das fünfte Champions-League-Abenteuer mit der gewohnten, unglücklichen Niederlage. Einzig Reals Nachlässigkeiten andererseits hatten den Gästen überhaupt eine Beutechance eröffnet.
Maik Großmann
Also, wenn ich Berti Vogts wäre und die Wahl hätte zwischen Jürgen Klinsmann und Ulf Kirsten, dann würde ich Olaf Marschall nehmen.
— Axel Roos, 1. FC Kaiserslautern über die Nationalmannschafts-Ambitionen seines Teamkollegen Olaf Marschall.