OFC-Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022
Die ozeanische Qualifikation zur FIFA-Weltmeisterschaft 2022 in Katar war in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde sie mehrfach verschoben und letztendlich in einem komprimierten Turnierformat in Katar ausgetragen – dem Land, das später auch die WM-Endrunde beherbergte. Für den OFC (Oceania Football Confederation) stand wie üblich kein direkter WM-Startplatz zur Verfügung, sondern lediglich die Chance, über die interkontinentalen Playoffs teilzunehmen.
Pandemie-bedingte Umgestaltung
Die OFC-Qualifikation durchlief mehrere pandemiebedingte Änderungen:
Ursprünglicher Plan
- Geplanter Start: September 2020
- Format: Gruppenphase gefolgt von K.O.-Runden
Finale Ausführung
- Zeitpunkt: März/April 2022 (kurz vor den interkontinentalen Playoffs)
- Austragungsort: Katar (statt in Ozeanien)
- Format: Zentralisiertes Turnierformat mit Gruppenphase und K.O.-Runden
- Teilnehmer: Acht statt elf OFC-Mitglieder (Amerikanisch-Samoa, Samoa und Tonga zogen zurück)
Turnierformat in Katar
Die komprimierte Qualifikation lief wie folgt ab:
Gruppenphase
- Gruppe A: Salomonen, Tahiti, Vanuatu (Papua-Neuguinea zog nach COVID-Ausbruch im Team zurück)
- Gruppe B: Neuseeland, Neukaledonien, Fidschi, Cookinseln
- Modus: Jedes Team spielte einmal gegen jedes andere Team in seiner Gruppe
- Weiterkommen: Die beiden besten Teams jeder Gruppe erreichten das Halbfinale
K.O.-Phase
- Halbfinale: Salomonen 3:2 Papua-Neuguinea, Neuseeland 1:0 Tahiti
- Finale: Neuseeland 5:0 Salomonen
- Ergebnis: Neuseeland qualifizierte sich für die interkontinentalen Playoffs
Interkontinentale Playoffs
Als OFC-Vertreter traf Neuseeland auf Costa Rica, den Viertplatzierten der CONCACAF-Qualifikation:
- Datum: 14. Juni 2022
- Ort: Ahmad bin Ali Stadium, Katar
- Ergebnis: Costa Rica 1:0 Neuseeland
- Entscheidender Moment: Joel Campbell erzielte das einzige Tor bereits in der 3. Minute
- Kontroverse: Neuseelands Chris Wood erzielte einen Treffer, der wegen eines vorherigen Fouls nach VAR-Überprüfung nicht anerkannt wurde
Damit verpasste Neuseeland die WM-Teilnahme, und kein Team aus Ozeanien qualifizierte sich für die WM 2022.
Dominanz Neuseelands
Die Qualifikation unterstrich Neuseelands Vormachtstellung im ozeanischen Fußball:
- Perfekte Bilanz: Vier Spiele, vier Siege, 18:0 Tore
- Effizienz: 5:0 im entscheidenden Finale gegen die Salomonen
- Kaderqualität: Mit Stars wie Chris Wood (Newcastle United), Winston Reid (Ex-West Ham) und Sarpreet Singh (Bayern München II/Jahn Regensburg)
- Professionelle Struktur: Als einziges Land mit vollprofessionellem Fußballsystem in Ozeanien
Überraschungen und Entwicklungen
Trotz des erwarteten Ausgangs gab es einige bemerkenswerte Aspekte:
- Salomonen als Finalist: Mit Siegen gegen Tahiti und Papua-Neuguinea erreichten sie das Playoff-Finale
- Tahitis Abstieg: Nach der Teilnahme am Confederations Cup 2013 zeigte Tahiti schwächere Leistungen
- COVID-19-Probleme: Papua-Neuguineas Rückzug aus der Gruppenphase und spätere Rückkehr für das Halbfinale
- Fidschis Fortschritte: Trotz des Ausscheidens in der Gruppenphase zeigten sie verbesserte Leistungen
Logistische und organisatorische Herausforderungen
Die Qualifikation in Katar brachte einzigartige Schwierigkeiten mit sich:
- Reisekomplexität: Teams mussten von weit entfernten Pazifikinseln nach Katar reisen
- Akklimatisierung: Anpassung an die Klimabedingungen in Katar
- COVID-19-Protokolle: Strenge Testregime und Isolationsanforderungen
- Fehlende Heimspiele: Keine Heimvorteile oder Unterstützung durch lokale Fans
Bedeutung für den ozeanischen Fußball
Die ungewöhnliche Qualifikation hatte mehrere Auswirkungen:
- Zentralisiertes Format: Zeigte mögliche Alternativen zu den traditionellen Heim- und Auswärtsspielen im weitläufigen Ozeanien
- Mediale Aufmerksamkeit: Erhöhte Sichtbarkeit durch die Austragung in Katar
- Finanzielle Unterstützung: FIFA und OFC stellten Mittel bereit, um die außergewöhnlichen Umstände zu bewältigen
- Ausblick auf 2026: Die Erweiterung der WM 2026 auf 48 Teams bedeutet, dass Ozeanien erstmals einen direkten Qualifikationsplatz erhält
Historische Einordnung
Die OFC-Qualifikation 2022 reiht sich ein in die schwierige Geschichte ozeanischer Teams bei der WM-Qualifikation:
- Seltene WM-Teilnahmen: Seit 1966 haben nur zwei OFC-Teams an der WM teilgenommen: Australien (1974, 2006) und Neuseeland (1982, 2010)
- Playoff-Hürde: Seit der Einführung der interkontinentalen Playoffs konnte sich ein OFC-Team nur einmal qualifizieren (Australien 2006)
- Australiens Weggang: Seit Australiens Wechsel zum AFC im Jahr 2006 dominiert Neuseeland den Verband
Ausblick auf 2026
Die WM-Qualifikation 2022 markiert das Ende einer Ära für den OFC:
- Garantierter Platz 2026: Bei der nächsten WM erhält Ozeanien erstmals einen direkten Qualifikationsplatz
- Neue Dynamik: Keine Notwendigkeit mehr, sich über die schwierigen interkontinentalen Playoffs zu qualifizieren
- Entwicklungschance: Möglichkeit, den Fußball in der Region durch regelmäßigere WM-Teilnahmen zu fördern
Die OFC-Qualifikation zur WM 2022 wird wegen ihres außergewöhnlichen Formats und der Pandemie-Umstände in Erinnerung bleiben. Sie markiert gleichzeitig den Abschluss einer Epoche, in der ozeanische Teams keine direkte WM-Chance hatten – ein Zustand, der sich mit der WM 2026 grundlegend ändern wird.