EM 2003/2004 - Halbfinale - Do., 01.07.2004 - 20:45 Uhr
1:0
HZ - 0 : 0FT - 0 : 0Verl. - 1 : 0

Dellas hielt den Kopf hin

Griechenlands Libero entschied das Spiel mit einem "Silvergoal": Traianos Dellas

Griechenlands Libero entschied das Spiel mit einem "Silvergoal": Traianos Dellas

Griechenlands Libero entschied das Spiel mit einem "Silvergoal": Traianos Dellas

Die griechische Defensive zermürbte den tschechischen Angriffsfußball. Mit Manndeckung und Libero warf das Rehhagel-Team erneut einen Titelaspiranten aus dem Rennen und zog sensationell ins Endspiel ein. Dellas aktivierte in der 105. Spielminute die Silvergoal-Regel.

Ein fulminanter Lattentreffer Tomas Rosickys in der dritten Minute, knapp hinter dem Sechzehner abgezogen, stand für die offensive Ausrichtung der Tschechen. Mit hohem Spieltempo versuchten sie, die griechische Abwehr frühzeitig zu überwinden, um die defensive Strategie der Rehhagel-Elf aufzulösen. Ungewohnt für die tschechischen Stürmer: Sie wurden mit der kaum noch üblichen Manndeckung konfrontiert. Und hinter der Abwehr hatte Otto Rehhagel seinen Abwehrchef Traianos Dellas als Libero aufgeboten. Dennoch kam Tschechien in der Anfangsphase zu weiteren Chancen; Griechenlands Keeper Nikopolidis musste sein ganzes Können aufbieten, um einen scharfen Schuss von Jankulovski wegzufäusten (5.). Die Griechen droschen jedoch in der Bedrängnis das Leder keineswegs planlos aus der eigenen Hälfte, sondern kombinierten sich mit großer Ballsicherheit durch die tschechischen Reihen. So verlagerten sie, kaum merklich, das Spielgeschehen immer mehr in Richtung gegnerischer Hälfte. Nach einer halben Stunde zwang Zisis Vryzas Tschechiens Torwart Petr Cech zu einer ersten Rettungsaktion. Wenig später brannte es jedoch wieder im griechischen Strafraum. Der Angriff, der erneut mit einem Jankulovski-Schuss abgeschlossen wurde - wieder reagierte Nikopolidis glänzend - hatte für die Tschechen jedoch unangenehme Folgen. Pavel Nedved, der Dreh- und Angelpunkt ihres Spiels, verletzte sich bei einem Zweikampf und musste wenig später ausgewechselt werden. Für ihn kam Smicer. So geschickt sich die Griechen aus der Abwehr lösten, so einfallslos präsentierten sie sich vor dem tschechischen Tor. Weite Flanken aus dem Halbfeld sollten Charisteas erreichen - doch diese Hereingaben waren leichte Beute für Ujfalusi, der per Kopf alles abräumte.

Ohne personelle Änderungen starteten beide Teams in die zweiten 45 Minuten, mit zunächst dem gleichen Bild: Tschechien bemüht auf der Suche nach einer Lücke in der Abwehr, Griechenland mit aufopferungsvoller Laufarbeit dagegen haltend. Die intensive erste Halbzeit hatte Kraft gekostet. Das Tempo wurde langsamer, die Fouls häuften sich. Griechenlands emsigster "Wühler" Giorgios Karagounis sah in der 87. Minute die Gelbe Karte, die ein Spiel Sperre bedeutete. Zuvor jedoch erspielten die Tschechen sich noch zwei hervorragende Tormöglichkeiten. Ein perfektes Zusammenspiel von Rosicky und Koller schloss der lange Dortmunder Stürmer mit einem Schuss ab, der knapp am linken Pfosten vorbei strich. Dann setzte sich Milan Baros gegen mehrere Abwehrspieler durch. Sein Schuss verfehlte das linke Eck jedoch ebenfalls so knapp, wie zuvor der von Koller. Nach 90 Minuten pfiff Schiedsrichter Collina, bei seinem letzten Turnier, das 0:0 ab. Verlängerung.

Die Griechen setzten die ersten Akzente und verzeichneten mit einem Kopfball des in der zweiten Halbzeit eingewechselten Giannakopulos eine gute Tormöglichkeit, die Cech jedoch abwehrte. Tschechien hatte an Dynamik verloren, kam nur noch durch einen Koller-Kopfball zu einer aussichtsreichen Torchance (96.), die jedoch nichts einbrachte. Griechenland hatte nun Oberwasser. Nach 103 Minuten fand eine Flanke von Tsiartas den Kopf des nach vorn geeilten Liberos Dellas - mit einer Blitzreaktion verhinderte Cech den Rückstand. Die letzte Minute der ersten Verlängerungshälfte lief, als Tsiartas zum Eckball antrat. Seine scharfe, eng ans Tor herangezogene Hereingabe erwischte Dellas und köpfte aus einem Meter zum 1:0, dem ersten und, wahrscheinlich, letzten Silvergoal der EM-Geschichte, ein.

Wir haben einfach diesen Scheiß-Torwart, der einfach Weltklasse-Format hat.

— Martin Hinteregger beim Empfang von Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt am Römerberg über Torhüter und Matchwinner Kevin Trapp.