2008: Als Hoffenheims Vedad Ibisevic Gerd Müllers Rekord jagte…

von Carsten Germann16:00 Uhr | 15.12.2021
Foto: Imago

1899 Hoffenheim gastiert am Mittwoch in der Bundesliga bei Bayer Leverkusen. Die Bayer-Elf brachte dem Aufsteiger 2008 die erste Niederlage in der deutschen Fußball-Eliteliga bei (2:5) – und beendete im Rückspiel (4:1) den Höhenflug der Kraichgauer. Dazwischen stürmte der Liga-Neuling zur „Herbstmeisterschaft“. Hoffenheim hatte auch einen potenziellen Rekordmann.

Das Team aus dem bis heute kleinsten Bundesliga-Standort verzauberte Fußball-Deutschland. Selbst die New York Times, wahrlich kein ausgewiesenes Fachblatt für Fußball, widmete dem Aufsteiger aus der Kurpfalz eine Story. Ein bpa-Sonderheft fasste den „Hoffen-Hype“ zusammen. Das Magazin verriet Geheimnisse zur Kult-Tankstelle für die Fans und der ersten Tor-Prämie des rührigen Mäzens Dietmar Hopp – eine Dose Leberwurst pro Treffer…

1899 Hoffenheim 2008: 42 Hinrunden-Tore!

Zur Statistik: Carlos Eduardo, Demba Ba, Chinedu Obasi und Vedad Ibisevic erzielten in der Hinserie 42 Tore. Das macht einen Schnitt von 2,4 Treffern pro Spiel. Ein 1:1 gegen Schalke 04 in Mannheim machte 1899 Hoffenheim am 14. Dezember 2008 zum „Herbstmeister“.

Andreas Beck (34) wird noch heute wehmütig, wenn er an die unglaubliche Vorrunde mit der TSG 1899 Hoffenheim von 2008 denkt. „Man musste sich unsere Bilanz in der Hinrunde nur anschauen, wen wir mit unserem Fußball alles geschlagen haben“, sinniert der Ex-Nationalspieler in einem Interview mit dem Kicker-Sportmagazin (9. Dezember 2021), „Dortmund 4:1, den HSV 3:0, auch das 4:5 gegen Bremen war ziemlich spektakulär.“ Vom zweiten bis zum 19. Spieltag führte die Mannschaft von „Fußball-Professor“ Ralf Rangnick (63 / „Wenn Sie flotte Sprüche hören wollen, müssen Sie nach München fahren, wenn Sie flotten Fußball sehen wollen, müssen Sie nach Hoffenheim kommen“) die Tabelle an. 

Tor-Maschine Ibisevic: 18 Treffer in 17 Spielen

Dann der Absturz. Vor allem ein Ausfall sollte die Hoffenheimer Erfolgsstory schnell beenden: Das Saison-„Aus“ für Vedad Ibisevic (37). Der 1899-Mittelstürmer erzielte 18 Saisontreffer in 17 Spielen. Dazu kamen zehn Tor-Vorlagen. Der Bosnier, von Alemannia Aachen verpflichtet, schien sogar den Fabel-Rekord von Bayern-Bomber Gerd Müller (1945 – 2021) von 40 Saisontoren in einer Bundesliga-Saison (1971/72) anvisieren zu können. Fünf Mal traf „Vedo“ jeweils doppelt. Dabei u. a. bei Hoffenheims Bundesliga-Premiere am 16. August 2008 bei Energie Cottbus (3:0). Selbst den großen FC Bayern schockte der Shootingstar im absoluten Spitzenspiel am 5. Dezember 2008 in München mit dem zwischenzeitlichen 0:1 (Endstand: 2:1).

„Vielleicht wäre es sogar möglich gewesen, dass Vedo den Rekord von Gerd Müller holt“, vermutet Andreas Beck im Kicker-Interview, „er hatte einen sensationellen Lauf. Aber dann kam diese schreckliche Winterpause.“ Ibisevics Kreuzbandriss Mitte Januar 2009 im Testspiel gegen den HSV in Marbella und eine nachträgliche Sperre für Carlos Eduardo, der HSV-Profi Ivica Olic geohrfeigt hatte, schlugen hart ins Kontor. „Es war so jammerschade, für ihn, wie für uns als Mannschaft, dass Vedo sich so schwer verletzte.“

Hoffenheim stürzte auf Rang sieben ab, verpasste den Europapokal. Der bis heute größte Leistungsabfall eines „Herbstmeisters“ in einer Bundesliga-Rückrunde. 



Wir können sowas nicht trainieren, sondern nur üben.

— Michael Ballack