„Jeder Erfolg, den wir einfahren, wäre eine große Überraschung“, meint Neuseelands Keeper Mark Paston und beweist damit Realitätsbewusstsein. Den Ozeaniern fehlt die sportliche Basis, um ernsthaft Ansprüche auf das Überstehen der Gruppenphase geltend zu machen.
Dass ein WM-Teilnehmerland nicht einmal über eine eigene Profiliga verfügt, dürfte allein schon Grund genug sein, Neuseelands Exoten-Status bei dieser WM zu rechtfertigen. Nur eine einzige vollprofessionelle Mannschaft bringt der pazifische Inselstaat auf, und die trägt ihre Wettkämpfe in Australien (A-League) aus: Der 2007 gegründete Wellington Phoenix FC. Der Übungsleiter dieses Klubs, Ricki Herbert (61 Länderspieleinsätze als Verteidiger für Neuseeland zwischen 1980 und 1989), bestimmt seit 2005 in Personalunion die Geschicke der „All Whites“, wie Neuseelands Nationalteam genannt wird.
Fünf Spieler des WM-Kaders berief Herbert von Wellington Phoenix (Paston, Sigmund, Lochhead, Brown und Bertos), deren Einsatz ziemlich sicher ist. Allgemeines Erstaunen löste der Gesundungsprozess des laufstarken, zentralen Mittelfeldspielers Tim Brown aus. Nach einer Schulter-OP (24. Mai) bestand der robuste Vizekapitän einen Belastungstest und meldete sich fit für das Turnier. Vier weitere, unter semiprofessionellen Bedingungen im neuseeländischen Vereinsfußball tätige Akteure akquirierte Herbert aus dem nahen Umfeld. Zwei Spieler gelten derzeit als vereinslos. Einen internationalen Topstar vom Format eines Wynton Rufer (1992 Europacup-Sieger mit Werder Bremen, ausgezeichnet als "Ozeaniens Fußballer des Jahrhunderts") sucht man bei den „All Whites“ vergebens; das höchste Renommee genießt noch Kapitän Ryan Nelsen. Der 32-jährige Innenverteidiger ist seit Jahren Stammkraft des englischen Premier League-Klubs Blackburn Rovers und auch dort Mannschaftsführer.
Noch mal eben kurz heiraten - dann nichts wie zurück zum Team. Neuseelands Stürmer Chris Killen gebrauchte fast entschuldigend klingende Worte, um die kurze Unterbrechung seiner WM-Vorbereitung zu erklären. "Die Hochzeit war schon lange geplant, und die Qualifikation für die WM haben wir erst später erreicht", meinte der beim englischen Zweitligisten FC Middlesbrough beschäftigte Akteur, als er das österreichische Trainingscamp der Ozeanier zwecks Eheschließung verließ und den Test Neuseelands gegen Serbien verpasste.
Dass die WM-Teilnahme nicht verpasst wurde, ist zu einem großen Teil Torwart Mark Paston zu verdanken, der in den Play-Off-Spielen gegen Bahrain, den Fünftplatzierten der Asien-Zone, seinen Kasten sauber hielt und u.a. einen Strafstoß parierte. Stürmer Rory Fallons Kopfballtreffer indes, im Rückspiel nach einer Ecke erzielt, sicherte den „All Whites“ ihre zweite WM-Teilnahme nach 1982. Problemlos war Neuseeland zuvor durch die Qualifikationsrunde des Ozeanischen Verbandes (OFC) marschiert. Die 0:2-Niederlage gegen Fidschi im abschließenden Spiel, als man mit einer B-Elf antrat, interessierte niemanden.
In ozeanischen Gefilden gilt Neuseeland - da das stärkere Australien in der Asien-Zone spielt - als fußballerisches Schwergewicht. Im internationalen Vergleich tendiert die Standortbestimmung in die gegenteilige Richtung. Schon Punktgewinne gegen die WM-Kontrahenten der Gruppe F, als da wären Italien, Paraguay und die Slowakei, wären als Erfolg zu feiern. Anlässlich ihres ersten Weltcupauftretens, 1982 in Spanien, ernteten die Neuseeländer lediglich Anerkennung aufgrund ihres vorbildlichen Einsatzes. Die Bilanz von null Punkten und 2:12 Toren - gegen allerdings starke Konkurrenz (Brasilien, UdSSR, Schottland) - fiel jedoch ernüchternd aus. Es wäre erstaunlich, sollte der neuerliche Anlauf wesentlich erfolgreicher enden.
Mögliche Aufstellung: Paston - Sigmund, Nelsen, Lochhead, Boyens - Brown, Bertos, Vicelich, - Killen, Smeltz, Fallon
André Schulin
Wer nicht betrunken in den Bus einsteigt, der wird auch nicht spielen.
— Timo Rost, Trainer von Drittliga-Aufsteiger SpVgg Bayreuth, am letzten Regionalliga-Spieltag, als der Aufstieg bereits feststand.