Ein Wort zu den sogenannten „Experten“. Eingeladen von den verschiedenen Fernsehanstalten, weil die Kompetenz des eigenen Personals als zu dünn eingeschätzt wurde, griffen sich die Sender Alt-Internationale, die uns über das Turnier hinweg mit „Analysen“ und „Ausblicken“ belästigen, um ein Rahmenprogramm zu bevölkern, das jeden Rahmen sprengt.
Wahlweise zwischen vier und acht Stunden Sendezeit für ein WM-Spiel ist schon ein Ausstrahlungsbrocken, der mit Leben gefüllt werden will. Weil Delling, Poschmann, Welke & Co. diese bombastischen Sendeblöcke, trotz der sich penetrant dazwischenquälenden Werbeblöcke und megageilen Gewinnspiele, nicht mit eigenem Gesabbel füllen können, sind ihnen „Experten“ zur Seite gestellt worden, damit der geneigte Zuschauer nicht nur mit einem Gesicht und einer Stimme penetriert wird.
Das Grimme-Preis-Träger-Duo Gerhard Delling und Günter Netzer hat wohlweislich schon vorab im internen Kreis über die aufgeblähte Sendezeit gelästert, sich aber dem Unvermeidlichen (?) gefügt, im Wissen darum, nur als Verlierer vom Platz zu kommen. Aus den kurzen, knackigen Auftritten bei den „normalen“ Länderspielen werden nun Mega-Betrachtungen, die an die Grenzen des beidseitig zur Verfügung stehenden Wortschatzes kratzen und zerren. So hängen sich die beiden öffentlich-rechtlichen (Läster-?)Mäuler über den Taktik-Monitor und rätseln an Spielzügen und Aufstellungsvarianten herum. Dellings „Humor“ erschöpft sich dabei in vergleichende Anspielungen auf die Netzer-Karriere als mittlerweile ausgelutschten „Running Gag“, während Netzer von einer schneidenden Härte-Analyse zur nächsten Match-Vorhersage laviert, wobei er sich in der Hälfte der Quassel-Zeit für seine falschen Prognosen der Vortage entschuldigt oder fadenscheinige Begründungen sucht. Eine ermüdende Form der Demontage zweier für kürzere Analyse-Häppchen geeignete Selbstdarsteller.
Nebenan im „Zweiten“ schauen wir in ein aufgeplustertes Sport-Studio, dem ach so bewährten Samstag-Abend-Format, das in der täglichen Aufblähung kaum noch erträglich daherkommt. Mega-Plauderer Wolf-Dieter Poschmann holt sich abwechselnd Ex-Kicker (Kuntz etc.), angeschlagene Daheimgebliebene (Nowotny etc.) und Nebenplatz-Trainer (Rehhagel etc.) heran, betört diese mit Allgemeinplätzen und sonstigen sinnleeren Allerweltsfragen, um die zeitraubende Sendefüllung zu besorgen. Deren Antworten und Weissagungen tummeln sich dann gleichfalls im Unverbindlichen oder allerseits Bekanntem. Als Höhepunkt des geselligen Beisammenseins wird die unvermeidliche Torwand malträtiert und zuvor X-mal angekündigt. Bitte kein Kommentar zum superfreundlichnettangenehmen Klinsmann/Hiepen-Duo vor Ort. Hyper-Gähn-Anfälle sind ansonsten garantiert und das Spiel könnte verpasst werden!
Neben Scherzkeks Oliver Welke fiebert der garantiert unwitzige Paul Breitner beim täglichen „ran“ vor einem trikottragenden Trampel-& Gröl-Publikum seine Taktikspielereien ins Elektronik-Spielfeld und liegt täglich knapp aber konsequent daneben. Täglich auch seine Statements zum aktuell wechselnden WM-Titelfavoriten. Übrigens ohne vergessen zu erwähnen, warum das gestern noch aufs Schild gehobene Team gerade so „unglücklich“ ausgeschieden ist. Breitners Aufstellungs-Spielereien für den deutschen Trainerstab sind neben der penetranten Läster-Analyse der „Höhepunkt“ des Treibens zwischen den Filmbeiträgen, die so hochaktuell daherkommen wie die gestrige Tageszeitung, aber trotzdem Live-Stimmung suggerieren. „Ran-Fieber“ ist also eine Sendung für die Hardcore-Welke-Fans, die sich rechtschaffen durch seine Blödeleien bauchhalten. Zumindest hebt sich Welke als Satirefachmann von der ansonsten unglaubwürdigen Ernsthaftigkeit der restlichen Format-Teilnehmer ab (also: Laber-Paule, dem Experten-Gast Schilymatthäusdooley und dem krachgeilen Merchandising-Studiopublikum).
Ansonsten erfreuen uns Beckenbauer, Schumacher, Schuster, Lattek und die gesamte DSF-Mischpoke mit absoluten Langweiler-Talks auf dem Insolvenz-Niveau der Kirch-Medien mit täglich wechselndem/austauschbaren Flachsinn. Heute so - morgen so und übermorgen vielleicht wieder andersherum. Wie es auch anders geht? Man lese das aktuelle Arsène Wenger-Interview im "Spiegel (Online)", oder lausche den punktgenauen und nicht (!) täglichen Statements von Klaus Toppmöller in verschiedenen Medien. Alternativ lohnt es sich, die aufopferungsvolle WM-Verarbeitung des Harald-Schmidt-Teams mitzuverfolgen, das den Pfad der huldvollen Berichterstattung schon mal erfrischend übermotiviert verlässt. Oder man hält es wie Uli Hoeness – ist im Urlaub, genießt die WM und hält - auch als irgendwie entfernt Beteiligter – einfach die Klappe.
Franz Heck
Kongodeutsch!
— Jan Aage Fjörtoft auf die Frage nach der neuen Amtssprache bei Eintracht Frankfurt.