Aberwitzig mutet die Diskussion zwischen drei Torhüterlegenden an, die derzeit die Gemüter erhitzt. Leider loten die Protagonisten momentan nur die offene Quassel-Skala nach unten aus und die Medien schreiben – in scheinbarer Ermangelung aufregenderer Themen aus dem Umfeld des DFB-Teams – fleißig jeden Unfug mit.
Eine neue "Qualität" brachte DFB- und FC Bayern-Torwarttrainer Josef "Sepp" Maier in die unsägliche, aber scheinbar zeitlose Diskussion um den Posten der Nr. 1 in der Klinsmann-Truppe ein: "Da kann sich Lehmann aufhängen – Oliver Kahn ist der Bessere.", überspitzte der ehemalige Weltklassetorwart und Möchtegern-Karl-Valentin, der nach seinem unfreiwilligen Karriereende als aktiver Spieler (Autounfall) als vermeintliche Comedy-Hoffnung startete und als Ballzuwerfer zweier deutscher Topteams landete. Den Maulkorb von Klinsmann (der seine beiden Top-Keeper auf gleicher Augenhöhe sieht) - für verbale Ausflüge provokanter Art, den der Bundestrainer Maier schon einmal vor die Nase hielt - dürfte das Torwart-Urgestein in nächster Zeit schon einmal anpassen können. Selbst fachlich war die Attacke des 60-Jährigen ein glattes Eigentor. Während Jens Lehmann bei Arsenal in der Form seines Lebens spielt, hat der "reine Titan" Oliver Kahn (Olli "Dittsche" Dietrich) eigene Aussetzer zwischen Weltklasse und Wahnsinn, sowohl fußballerisch als auch neben dem Platz, zu verkraften und verteidigen. Lehmanns Forderung nach dem Chefposten im Tor ist zudem nicht neu, sondern permanent und liegt im Wesen einer ewigen Nr. 2.
In Ermangelung "verrückter Linksaußen" (Böhme spielt derzeit in einer anderen Liga) rückt naturgemäß der Fokus auf die Schlussmänner. Dabei geht es auch anders - Beispiel Hildebrand: Der VfB-Keeper lässt zwar nur Unverfängliches, ja Langweiliges verlauten (eine BILD-Titelgeschichte über Verbaleskapaden der braven Nr. 3 steht noch aus), scheint allerdings einen Sonderstatus im Umfeld der Torhüter-Fraktion einzunehmen. Schließlich wird Hildebrand als "Normalo" im Torwart-Ranking von Schalkes Rost und dem Lauterer Wiese eingerahmt, die sich eher der Maier-Kahn-Lehmann-Linie verpflichtet fühlen, verbal allerdings noch eine Klasse tiefer spielen. Den Dummschwätz-Freifahrtschein haben die fünf Artisten zwischen den Pfosten allerdings längst von höherer Seite und anderen Lichtgestalten zugesprochen bekommen. Das verpflichtet.
Zwischen "Fragen des Charakters", "positive Spannungen aufbauen" und sportlichem Wettbewerb tummeln sich unsere Fangkünstler allerdings in einem medialen Zirkus, der das "Salz in der Suppe" aller Torhüterdiskussionen boulevardesk ausleuchtet und wunderlich hochschaukelt. Auf diesem Glatteis rutschen die Protagonisten regelmäßig aus, auch wenn fleißig vor den Kameras der Welt trainiert wird, was sprüchetechnisch die Gürtellinien nach unten hergeben. Wir werden also weiterhin mit diesem "Entertainment" auf Sandkasten-Niveau leben müssen, in das sich unaufgerufen auch die Herren Schumacher und Stein einmischen, aber kaum für neue Aspekte sorgen, geschweige denn zur Erheiterung beitragen. Zudem müssen wir vielleicht einfach nur Geduld haben, denn vielleicht taucht doch eines Tages eine Linksaußen-Debatte auf, mit schillernden Figuren besetzt, die voller Widersprüche sind, sich wie unerzogene Lümmel in die Medienfluten stürzen und dabei die Sport- und Titelseiten bevölkern, dass man darüber fast das nächste relevante Fußballspiel vergisst. Doch die Linksaußen scheinen ausgestorben – die Torleute dagegen glauben ernsthaft, mitten im Saft ihrer Wichtigkeit zu stehen. Und wir leiden tapfer mit.
Franz Heck
Ich schlage vor, Sie halten sich jetzt die Augen zu. Ich sage nämlich jetzt die Bundesliga-Ergebnisse.
— Johannes B. Kerner